Gebäudeversicherung: Tolle Tarife, rote Zahlen und ein hartes Urteil
Das Ratinghaus Morgen & Morgen hat 60 Wohngebäude-Tarife mit der höchsten Bewertung ausgezeichnet. Berater dürften jedoch Probleme bei der Suche nach preiswertem Schutz haben, denn viele Anbieter schreiben rote Zahlen. Das dürfte die Schadenregulierung erschweren, zeigt auch ein BGH-Urteil.
Die im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) organisierten Wohngebäudeversicherer haben 2023 mit einer Schaden-Kosten-Quote von 103,3 Prozent wieder versicherungstechnisch Verlust gemacht (2022: 106,4 Prozent). Die Hälfte der 50 größten Anbieter, die es zusammen auf rund 95 Prozent Marktanteil bringen, kam auf über 100 Prozent und fuhr damit Verluste ein, bestätigt der eben erschienene "Branchenmonitor 2018-2023: Wohngebäudeversicherung" von V.E.R.S. Leipzig.
Laut dieser Studie betraf die Entwicklung, die weiter steigende Beiträge nach sich ziehen dürfte, auch einige Anbieter mit ausgeprägtem Maklervertrieb wie Mannheimer (123,6 Prozent), die Bayerische (119,3 Prozent), Nürnberger (114,3 Prozent), Interrisk (113,3 Prozent), Gothaer (112,1 Prozent), Axa (111,4 Prozent) und Signal Iduna (110 Prozent).
Rating von Morgen & Morgen analysiert ausschließlich die AVB
Gleichwohl ist die Qualität der Angebote offenbar hoch geblieben. So hat das Analysehaus Morgen & Morgen aus Rüsselsheim sein "Wohngebäude-Rating 2024" vorgelegt (externer Link). "Es ist tarifbezogen und beinhaltet ausschließlich die Bedingungsanalyse auf Basis von 167 Tarifen, wobei die Bedingungen anhand von 50 Leistungsfragen bewertet werden", erklärt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik und Rating.
Insgesamt 60 Tarife erhalten demnach die höchste Bewertung von fünf Sternen und werden somit als ausgezeichnet eingestuft. Ebenfalls positiv bewertet werden 54 Tarife, die mit vier Sternen als sehr gut klassifiziert sind. In der niedrigsten Kategorie mit nur einem Stern finden sich fünf Tarife: BGV (Basis), Interrisk (L), NV-Versicherungen (Wohnhaus Spar 2.0), Ostangler (Standard) und Versicherungskammer Bayern (Kompakt). All diese Versicherer haben jedoch auch höher bewertete Tarife im Angebot.
Umfassende Beratung auch aus Anlass von Elementarschäden
"Gerade im Hinblick auf die andauernd komplizierte Situation bei der Elementarschadenversicherung können wir bestätigen, dass es viele Tarife mit sehr gutem Versicherungsschutz gibt", so Saal. "Eine umfassende Beratung ist dabei jedoch unabdingbar und aktuell angeraten, da in vielen Haushalten eine solche Beratung bereits länger zurückliegen dürfte", so der Rating-Experte.
Die im "Wohngebäude-Rating" von Morgen & Morgen angesetzten Mindestkriterien sind für Makler besonders hilfreich, da sie für einen umfassenden Versicherungsschutz stehen und die Qualität der Wohngebäude-Tarife zeigen, die mindestens mit vier Sternen bewertet sind.
Bessere Schadenregulierung mit leistungsstarkem Tarif?
"Bewertet werden von M&M Privatobjekte – samt Einschluss von Gewerbe im Gebäude", betont Saal auf Nachfrage von FONDS professionell ONLINE. Damit könnte ein Vier- oder Fünfsterne-Tarif bei M&M davor schützen, in einem Schadenfall wie dem folgenden leer auszugehen. Ein Kunde forderte nach einem Brand, der Teile des Dachstuhls und der Fassade seines Gebäudes zerstörte, Leistungen vom Wohngebäudeversicherer.
Das Feuer war an einem Pizzaofen ausgebrochen, den er an der Hausfassade errichtet hatte. Der Versicherer verweigerte die Zahlungen. Begründung: Der Kunde habe Sicherheitsvorschriften vorsätzlich verletzt, indem er den Ofen betrieb, ohne ihn zuvor – wie von der Landesbauordnung vorgeschrieben – durch einen Schornsteinfeger abnehmen zu lassen.
BGH mit hartem Urteil für Verbraucher zur Generalklausel
Der Kunde verklagte daraufhin den Versicherer. Sein Argument: Die Generalklausel in den Versicherungsbedingungen (VGB 2014), die dem Versicherungsnehmer die "Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften" auferlegt, sei intransparent und damit unwirksam (gemäß Paragraf 307 BGB). Aus der Klausel allein könne er nicht erkennen, was genau er alles zu beachten habe. Das OLG Celle gab ihm Recht, doch in der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) unterlag der Kunde (Az.: IV ZR 350/22; externer Link).
Begründung der Karlsruher Richter: Die Klausel genügt den Anforderungen des Transparenzgebots und benachteiligt den Kunden nicht unangemessen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne Bedeutung und Umfang der Sicherheitsvorschriften erkennen und verstehen, dass diese Vorschriften dem Schutz des versicherten Risikos dienen. Allgemein auf gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften zu verweisen, sei nicht intransparent. Bei diesen Vorschriften handele es sich um rechtlich verbindliche Anordnungen, die ohnehin jeden treffen. Maßgeblich seien die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Vorschriften, so der BGH.
Urteil als Freibrief zur Leistungsverweigerung?
Das BGH-Urteil stellt klar, dass Versicherer mit einer Generalklausel die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften verlangen können. Eine Nennung der konkreten Vorschriften sei dabei nicht notwendig. Das Urteil unterstellt, dass jeder Hauseigentümer jede Vorschrift des Bundes, seines Bundeslandes und seiner Kommune kennt, wenn er ein Haus in Eigenregie baut, modernisiert, anbaut oder saniert. Das dürfte viele völlig überfordern und könnte als Freibrief zur Leistungsfreiheit für Gebäudeversicherer verstanden werden.
Da kann es helfen, wenn ein Versicherer in seinem leistungsstarken Tarif auf eine Kürzung der Versicherungsleistung auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles verzichtet und auch auf unübliche Einschränkungen oder Klauseln, die nicht zu den ratingrelevanten Sachverhalten gehören. Ob das im BGH-Fall so wäre, ist allerdings nicht sicher. (dpo)