Rainer Jacobus, Jahrgang 1963, zog vor 20 Jahren in den Vorstand der Ideal Versicherung ein, seit 2004 sitzt er dem Gremium vor. Kürzlich gab Jacobus bekannt, im Sommer 2023 in den Ruhestand wechseln zu wollen. FONDS professionell ONLINE traf ihn in der Berliner Firmenzentrale zum Gespräch.


Herr Jacobus, uns würde Ihre Meinung zu drei politischen Reizthemen interessieren, die die Branche umtreiben. Nummer eins: Wie bekommen die Lebensversicherer ihre Kosten weiter runter, um eine rentierliche Altersvorsorge zu ermöglichen? Hilft dabei ein Provisionsdeckel über die Restschuldversicherung hinaus?

Rainer Jacobus: Nein, der hilft nicht, weil er weder modellierbar noch durchsetzbar ist, sonst hätte man das wohl gemacht. Kostensenkungen funktionieren nur über Wettbewerb, das hat der Investmentsektor gezeigt. Da hat meines Erachtens die Lebensversicherung schon viel erreicht, aber es bleibt auch noch viel zu tun.

Reizthema Nummer zwei: Die große Koalition wollte die Riester-Rente reformieren, doch die Sache kommt nicht voran. Ist die Förderung der Altersvorsorge damit am Ende?

Jacobus: In dieser Legislaturperiode tut sich nichts mehr, obwohl klar ist, dass sich die Beitragsgarantie bei 0,25 Prozent Höchstrechnungszins nicht darstellen lässt. Damit wäre das Neugeschäft in der Versicherungs-Riester-Rente, die wir noch nie angeboten haben, am Ende. Mit der kommenden Regierung – ich rechne übrigens mit einer Linkskoalition unter Führung der Grünen – wird es für uns alle sicher frostiger, weil man im linken Lager glaubt, der Staat könne Altersvorsorge besser organisieren. Wie gut der Staat wirklich in organisatorischen Dingen ist, sieht man ja beim Management der Pandemie.

Und das dritte Reizthema: Der Bundesgesundheitsminister will den Eigenanteil zur Pflege der Patienten in Heimen auf 700 Euro pro Monat deckeln. Ist das die Lösung für die explodierenden Kosten? Oder wie sähe eine echte Pflegereform aus?

Jacobus: Es geht bei dem inzwischen schon wieder relativierten Vorschlag nur um den Eigenanteil für die reinen Pflegekosten, nicht um Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Investitionsbeteiligung. Die Deckelung wäre also ein reines Placebo, weil die Pflegekosten eben nicht den Löwenanteil der Heimkosten ausmachen. Eine echte Pflegereform müsste berücksichtigen, dass die Kosten weiter steigen. Ich sehe den Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung 2030 eher bei sechs als bei vier Prozent. Da der Sozialetat schon heute im Staatshaushalt der größte Posten ist, wird es nur mit einem verpflichtenden privatwirtschaftlichen Pflege-Zusatzbaustein gehen. Den Ansatz dazu gab es schon 2013 mit einer freiwilligen staatlich geförderten Pflege-Zusatzversicherung, dem "Pflege-Bahr".

Was halten Sie von einer sozialpartnerschaftlichen Pflege-Zusatzvorsorge, wie sie demnächst in der Chemiebranche kommt?

Jacobus: Viel, aber man muss sehen, ob das auch in anderen Branchen geht. Wir denken derzeit über ein mögliches Modell nach, konkrete Planungen gibt es aktuell aber nicht.

Vielen Dank für Ihre Einschätzungen! (dpo)


Ein ausführliches Interview mit Rainer Jacobus erscheint in FONDS professionell 2/2021. Dort äußert sich der Ideal-Vorstandschef unter anderem über das Geschäftsmodell des letzten eigenständigen Berliner Versicherers, neue Konzepte in der Altersvorsorge und die Frage, was er sich von der Beteiligung am Maklerpool BCA verspricht.