Versicherungsombudsmann Wilhelm Schluckebier hat erste Angaben zu Beschwerden im Jahr 2022 gemacht. Demnach ist die Zahl der beendeten Eingaben um 2,3 Prozent auf 16.277 gesunken (2021: 17.904). Das ist der niedrigste Wert der letzten fünf Jahre. Den höchsten Wert gab es 2018 mit gut 19.200 Eingaben.

Neu eingegangen sind 2022 insgesamt 15.907 (-13,3%) Beschwerden, nachdem es 2021 noch 18.344 Reklamationen (+1,2%) gegeben hatte. Auch dieser Wert liegt deutlich unter dem Schnitt der letzten fünf Jahre, wo es 2018 mit knapp 19.000 Reklamationen die meisten Beschwerdeeingänge gegeben hatte. Ursachen für den Rückgang nennt der "Tätigkeitsbericht 2022" (externer Link) nicht.

Beschwerden über Vermittler im "Promillebereich"
Von den 15.907 Beschwerden betrafen nur 444 Versicherungsvermittler, die traditionell beim Versicherungsombudsmann kaum ins Gewicht fallen. Diese Zahl hat gegenüber 2021 um gut ein Drittel abgenommen. Laut Tätigkeitsbericht waren über 23 Prozent davon unzulässig (104), da kein Zusammenhang mit der Vermittlung der Verträge selbst erkennbar und der Ombudsmann somit nicht zuständig war. Zulässig waren lediglich 331 Beschwerden.

"Bezogen auf 430 Millionen bestehende Versicherungsverträge liegt die Beschwerdequote im verschwindend geringen Promillebereich und dokumentiert, dass Vermittler kundenorientiert, fair und ehrbar ihren Beruf ausüben", sagt Michael H. Heinz, Präsident des Vermittlerverbands BVK. Vor diesem Hintergrund könne er auch die Debatte um ein mögliches Provisionsverbot nicht nachvollziehen. "Die niedrigen Beschwerdezahlen zeigen, dass die Qualität der Beratung nicht von der Form der Vergütung abhängig ist", meint Heinz.

"Kompetente rechtliche Prüfung"
Die meisten Einwände gegen Vermittler betrafen 2022 die Gebäudeversicherung (232), gefolgt von der Lebensversicherungs- (61) und Hausratsparte (31). Ein Großteil der Beschwerden gegen gebundene Vermittler wird den Eingaben gegen Versicherer zugerechnet. Bei den 444 Beschwerden geht es vor allem um Makler und Versicherungsberater.

Weitere Besonderheit: Anders als bei Reklamationen gegenüber Versicherern kann der Ombudsmann keine für Vermittler verbindlichen Entscheidungen treffen. Verbraucher "bekommen aber in jedem Fall eine kompetente rechtliche Prüfung mit verständlicher Begründung", heißt es im Internetangebot des Schlichters. Damit könnten sie überlegen, ob und wie rechtlich weiter vorgehen sollen.

Jede fünfte Eingabe zielt auf die Lebensversicherung
Bei den Beschwerden gegen Versicherer gab es Verschiebungen innerhalb der Sparten. So legten die Beschwerden nur in der Kfz-Kaskoversicherung zu, in allen anderen Sparten nahm die Zahl der Reklamationen ab. Wie vor einem Jahr war die Lebensversicherung mit 20 Prozent aller Eingaben am häufigsten betroffen (3.036) – offenbar hatte die Proxalto Lebensversicherung in mehreren hundert Fällen Renten- und Ablaufleistungen nicht termingerecht überwiesen –, gefolgt von der Rechtsschutzversicherung (2.790) und der Wohngebäudeversicherung (1.740).

Dicht dahinter folgen Kfz-Kasko-, sonstige und Kfz-Haftpflichtversicherungen. Damit hatte jede sechste Reklamation die Kraftfahrtversicherung zum Gegenstand. Dabei wurden im Segment Kfz-Haftpflicht ein Viertel weniger und bei Kasko-Policen etwa sieben Prozent mehr Eingaben verzeichnet als 2021. Hintergründe zu den teils deutlichen Verschiebungen nennt der Tätigkeitsbericht nicht.

Noch keine Zahlen zu zulässig eingegangenen Beschwerden
Bei allen Zahlen sind die zulässigen und unzulässigen Eingaben zusammengefasst. Von den 15.149 Beschwerden gegen Versicherer waren 2.795 unzulässig und 11.916 wurden zulässig beendet. Endgültige Zahlen zu eingegangenen zulässigen Beschwerden liegen oft erst nach der juristischen Prüfung vor. 2.621 Beschwerden waren Ende 2022 noch in Bearbeitung. Traditionell sind etwa 25 Prozent der Beschwerden unzulässig.

Der Tätigkeitsbericht muss seit dem Jahr 2016 für das abgelaufene Jahr nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz jeweils bis zum 1. Februar veröffentlicht werden. Im Bericht wird in komprimierter Form darüber informiert, wie viele Schlichtungsverfahren es im Vorjahr nach den beiden Verfahrensordnungen für Beschwerden gegen Versicherer und gegen Vermittler gegeben hat. Darüber hinaus wird die jeweils betroffene Versicherungssparte benannt.

Endgültige Ergebnisse erst im Mai
Der Bericht kann kurz nach dem Jahreswechsel allerdings nur einige wichtige Angaben enthalten, so Geschäftsführer Constantin Graf von Rex. Eine vertiefende und ausführliche Auswertung der Schlichtungsverfahren 2022 mit umfangreichen Übersichten und Bewertungen zu den einzelnen Sparten gebe es erst im "Jahresbericht 2022", der traditionell im Mai veröffentlicht wird, so auch im Vorjahr.

Grundsätzlich prüft der Ombudsmann jede Beschwerde. Je nach Ergebnis kommt es entweder zu einer Entscheidung, Empfehlung oder einem Schlichtungsvorschlag, bei dem die Sach- und Rechtslage in verständlicher Sprache erläutert wird. Bis zu einem Wert von 10.000 Euro kann Wilhelm Schluckebier verbindlich zugunsten der Verbraucher entscheiden. Der Ombudsmann arbeitet für Verbraucher kostenfrei. (dpo)