R+V-Chef: "Wir müssen aktiver auf die Kunden zugehen"
R+V-Chef Norbert Rollinger arbeitet an einer grundlegenden Transformation des genossenschaftlichen Versicherers. Die direkte Beratung ohne den Umweg Bank soll ausgebaut werden. Zudem sollte bei der Altersvorsorge die Leibrente stärker gefördert werden als ETF-Sparpläne, sagte er dem "Handelsblatt".
Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung, will das Geschäftsmodell des genossenschaftlichen Versicherers umbauen. Dafür sollen die IT-Systeme modernisiert werden und vor allem die Kundenansprache verändert werden. "Wir müssen aktiver auf die Kunden zugehen, beispielsweise durch eine stärkere Direktberatung", sagte Rollinger in einem Interview mit dem "Handelsblatt".
"Zudem müssen wir die Daten, die wir innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe haben, besser für die Kundenansprache nutzen – damit aus digitalen Anknüpfungspunkten mehr persönliche Zusammenkünfte werden können", so Rollinger weiter. Dafür werde die R+V auch stärker auf künstliche Intelligenz setzen.
Altes Modell der Filialberatung funktioniert nicht mehr
Der Grund für den Umbau sei die Entwicklung bei den Volks- und Raiffeisenbanken, mit denen der Versicherer eng kooperiert. Die Institute haben nach der Zinswende 2022 vermehrt eigene Produkte statt Lebensversicherungen verkauft. Zudem kommen Kunden wegen der fortschreitenden Digitalisierung nur noch selten in die Filiale, sodass Rollinger zufolge das klassische Modell der Weiterleitung vom Bank- zum Versicherungsberater nicht mehr so wie früher funktioniere.
R+V-Chef plädiert für lebenslange Renten
Der R+V-Chef kritisiert ferner Pläne der Bundesregierung, in der Altersvorsorge stärker auf kapitalmarktbasierte Produkte ohne Garantien zu setzen und auch Produkte ohne lebenslange Leibrente zu fördern. Das gelte besonders in Zeiten, in denen selbst Länder wie die USA überlegten, ob sie ihre Staatsanleihen künftig noch bedienen könnten oder wollten. "Die Risiken an den Märkten sind so groß wie lange nicht", so Rollinger gegenüber dem "Handelsblatt". Deshalb brauche es bei der staatlich geförderten Altersvorsorge sowohl einen gewissen Schutz für die eingezahlten Beiträge als auch eine lebenslange Verrentung.
Zugleich sieht Rollinger weiteres Konsolidierungspotenzial in der Branche, unter anderem bei den Lebensversicherern. "Die Herausforderungen durch den Klimawandel, die Digitalisierung und den Fachkräftemangel werden nicht alle Versicherer allein meistern können", sagte er der Zeitung. Sowohl eine Fusion zwischen Versicherern als auch den Verkauf von Lebensversicherungsbeständen an spezialisierte Abwickler halte er für gute Optionen. (jb)