Die deutsche Finanzaufsicht Bafin drängt Versicherer zu einer verstärkten Prüfung privater Kreditinvestitionen, nachdem mehrere Unternehmen Verluste bei Krediten an Immobilienunternehmen erlitten haben. Die Behörde, die mehr als 500 Versicherer beaufsichtigt, befragte 30 bis 40 Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Investitionen in alternative Anlagen, sagte Julia Wiens, Leiterin der Bafin-Versicherungsaufsicht, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur "Bloomberg". 

Die Aufsichtsbehörde möchte sicherstellen, dass insbesondere große Transaktionen von den Top-Managern der Unternehmen geprüft werden. "Gerade bei großen Investitionen erwarten wir, dass der Vorstand als Ganzes hinter die Kulissen blickt", sagte Wiens. "Es kann gut sein, dass einige Versicherer in dieser Hinsicht in der Vergangenheit versagt haben."

Immobilienkrise
Deutschland war in den vergangenen zwei Jahren ein Brennpunkt der globalen Krise auf dem Gewerbeimmobilienmarkt. Die Insolvenz von René Benkos Signa-Konglomerat, der Zusammenbruch großer Projektentwickler und die Restrukturierung des Vermieters Adler Group verursachten Milliardenverluste. Zu den Kreditgebern, die sich die Finger verbrannten, zählten Versicherer und Pensionsfonds, die sich auf der Suche nach Rendite in einem Jahrzehnt extrem niedriger Zinsen in riskantere Kredite vertieften.

Obwohl das durchschnittliche Engagement deutscher Versicherer in Private Credit und Private Equity geringer ist als ihr Aktien- und Anleihenbestand, halten einzelne Unternehmen mehr als ein Drittel ihrer Investitionen in den jeweiligen Anlageklassen, so Wiens. Dieser Anteil steige in manchen Fällen auf bis zu 70 Prozent, wenn andere alternative Anlagen wie Immobilien, Infrastruktur und Mezzanine-Kredite hinzukämen.

Risikomanagement muss angemessen sein
"Versicherer haben in den letzten Jahren erheblich in alternative Anlagen investiert, was angesichts der langen Phase niedriger Zinsen und niedriger Anleiherenditen verständlich ist", sagte sie. "Sie können grundsätzlich ihre eigenen Investitionsentscheidungen treffen, solange sie über ein angemessenes Risikomanagement mit ausreichend Personal und dem nötigen Know-how verfügen."

Obwohl Wiens keine Versicherer namentlich nannte, geben "Bloomberg" zufolge Gerichtsdokumente einen Einblick in die Bandbreite der beteiligten Unternehmen. Ein Beispiel hierfür ist Aggregate Holdings, ehemals Großaktionär von Adler, das inzwischen in Luxemburg Insolvenz angemeldet hat.

Huk-Coburg, Barmenia und KKH mit Verlusten
Die Versicherer Huk-Coburg, Barmenia und KKH Kaufmännische Krankenkasse gehörten zu den Investoren des Projekts "Fürst" am Berliner Kurfürstendamm. Steigende Zinsen sowie höhere Kosten für Energie und Löhne trugen zu einem Wertverlust der Immobilien bei und zwangen die Kreditgeber zu einer Übernahme. Selbst die vorrangigen Gläubiger, zu denen die meisten Versicherer gehören, mussten im Rahmen des gerichtlich genehmigten Restrukturierungsplans einen Schuldenschnitt hinnehmen.

Benkos Signa war ein besonders komplexer Fall, da Versicherer in die gesamte Kapitalstruktur des Unternehmens investierten. Die dem Konglomerat gewährten Mittel reichten von Hypotheken auf einzelne Luxusimmobilien, die oft mit guten Sicherheiten ausgestattet waren, bis hin zu eigenkapitalähnlichen Instrumenten, die von Signas wichtigsten Einheiten ausgegeben wurden.

Diese Versicherer gaben Benko Geld
Versicherer wie der Continentale Versicherungsverbund, die Gothaer Gruppe und die Signal Iduna Gruppe investierten laut Dokumenten, die "Bloomberg News" vorliegen, in solche Genussscheine der Signa Prime Selection. Diese nachrangigen Instrumente werden voraussichtlich wertlos, da die wichtigsten Einheiten von Signa im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in Österreich liquidiert werden. Vertreter von Continentale und KKH reagierten nicht auf Anfragen von "Bloomberg" um Stellungnahme. Sprecher von Signal Iduna und Huk-Coburg lehnten eine Stellungnahme ab, ebenso wie eine Sprecherin der Investmenteinheit der Barmenia Gothaer, der beiden kürzlich fusionierten Versicherer.

Keine Gefahr für Versicherungsbranche
Trotz der Verluste stellten weder Signa noch Adler laut Wiens eine Bedrohung für die Stabilität der Versicherer oder ihre Fähigkeit dar, Verträge mit ihren Kunden zu erfüllen. "Außerdem muss man die Investitionen in Signa und Adler im Kontext ihres Zeitpunkts betrachten", sagte Wiens. "Teilweise hatten die Versicherer diese Anlagen während der Renditesuche mehrere Jahre lang in ihren Büchern. Zu diesem Zeitpunkt waren sie angemessene, sinnvolle Anlagen mit sehr guten Renditen."

Wiens sagte, sie unterstütze weiterhin den regulatorischen Rahmen, unter dem Versicherer ihre Investitionen tätigen. Dieser gebe ihnen "viel Freiheit", stärke aber auch die Rolle der Governance. Dennoch müssten Versicherer mit hohen Verlusten mit weiteren Prüfungen durch die Bafin rechnen, sagte sie.

"Enge Gespräche"
Dies würde ein "enges Gespräch" mit dem Unternehmen erfordern, beispielsweise über die genauen Prozesse der Investitionsentscheidung, die Qualität der Analyse und die relevanten Limits. Anschließend könne eine Inspektion vor Ort erfolgen. "Wir werden nicht jede noch so kleine Investition prüfen, und selbst sehr öffentliche Insolvenzen können nur begrenzte Auswirkungen haben", sagte sie. "Unsere Aufgabe ist es, die Stabilität des Versicherers zu sichern und sicherzustellen, dass er seinen Verpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern nachkommen kann." (Bloomberg/jb)