FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

Fotos: © Christoph Hemmerich P hilipp Schröder hatte keine Lust auf dieses Treffen. Seine Verlobte drängte ihn, doch endlich mal mit ihrer guten Freundin und deren Mann, der „irgendwas mit Finanzen“ mache, essen zu gehen. Doch Schröder ließ sich immer neue Ausreden einfallen. Er war Geschäftsführer des Strom- speicherherstellers Sonnen, mit dem er den Energiemarkt revolutionieren wollte, da blieb ohnehin kaum Freizeit – und die wollte er nicht mit irgendeinem besserwisserischen Banker verbringen. Doch seine Verlobte blieb hartnäckig. Also saß an einem September- abend des Jahres 2016 Achim Denkel an sei- nem Esstisch. Der Abend wurde lang. „Ich wollte damals Geld anlegen, habe aber kein Portal gefunden, das mich mit den rele- vanten Informationen versorgt hätte“, erinnert sich Schröder. „Ich war überzeugt: Es müsste doch etwas wie Booking.com für Investments geben. Der User klickt und bekommt den bes- ten ETF angezeigt – so was in der Art. Aber nichts dergleichen.“ Denkel ist der Richtige, um solche Themen zu diskutieren. Mit seiner Firma Salesheads arbeitete er an einer Nach- richten- und Fondsinformationsplattform, die das Hauptgeschäft, die Vertriebsunterstützung für Asset Manager, ergänzen sollte. Das Ziel: Mündigkeit für alle Anleger erreichen – durch Transparenz und ehrliche Analysen. Schröder ist von der Idee so überzeugt, dass er in Denkels Firma investiert. Im März 2017 rückt er in den Aufsichtsrat ein, anderthalb Jahre später in die Geschäftsführung. Seinen Job bei Sonnen hängt er an den Nagel. Aus Salesheads wird Capinside, das alte Ge- schäftsmodell, der Vertrieb für Fondsanbieter, ist Vergangenheit. Schröder weiß, was im Silicon Valley mit dem Modewort Disruption umschrieben wird: Als 30-Jähriger baute er für Elon Musk das Deutschland- und Öster- reichgeschäft von Tesla auf. Und dank seiner guten Kontakte in die Gründerszene kennt er Geldgeber, die es erlauben, groß zu denken. Drei-Punkte-Plan Groß denken, das meint in diesem Fall wohl: den Finanzvertrieb revolutionieren. Schröder, heute 35, und Denkel, 41, verfolgen einen Drei-Punkte-Plan. Zunächst soll ein Portal entstehen, das für Finanzprofis alle relevanten Daten und Nachrichten aggregiert und sinnvolle Produktvergleiche erlaubt. Entstehen soll „die erste unabhängige Online-Community von Investoren für Investoren“, eine Art Facebook für Finanzen. Im zweiten Schritt soll die Plattform so vereinfacht werden, dass sie sich für Endanleger eignet. Und zu guter Letzt ist die Anbindung an Depot- banken geplant, damit Anleger auch investieren können. „Die erste Stufe haben wir zu einem guten Teil erreicht“, sagt Schröder. Ak- tuell bietet das Portal Finanzprofis vor allem zwei Funktionen: Einerseits sam- melt es Nachrichten aus der Investment- welt. „Ein Bot, den wir seit Juni 2018 trainieren, durchsucht dafür permanent relevante Internetseiten“, erläutert Schröder. „Jeder User kann die Inhalte nach seinen Interessen filtern lassen und erhält dann ein Media-Clipping.“ Andererseits möchte Capinside mit Produktvergleichen punkten. Basierend auf Daten von FWW und Morningstar sehen Investoren, wie ihre Fonds relativ zu Wettbewerbsprodukten abschneiden. Auch Details wie Branchenaufteilung, Top-Holdings oder Mifid-II-relevanten Daten sind abrufbar. Berater können zudem Portfolios anlegen und optimieren lassen. Hinterlegt sind die Daten von rund 35.000 Fonds. Viele Webzugriffe Das Angebot kommt offensichtlich an. Zuletzt verzeichnete Capinside monatlich mehr als zwei Millionen Webaufrufe. „Es gibt Finanzportale mit großem Google-Budget, die nur halb so viele Zugriffe haben“, sagt Schrö- der. Etwa 8.000 Anlageberater und andere Finanzprofis haben sich Schröder zufolge bereits für das Portal registriert, im Sommer sollen es 10.000 sein. „Aktuell sind viele Bereiche der Website noch ohne Anmeldung zugänglich, denn anfangs möchten wir rasch die Reichweite steigern“, betont er. Ganz ausgereift sind die Funktionalitäten freilich noch nicht. Bei der Fondssuche fehlen mitunter die relevanten Anteilsklassen, die angezeigten Charts passen nicht immer mit der hervorgehobenen Performance zusammen, Das Hamburger Start-up Capinside verspricht Privatanlegern Durchblick im Geldanlage-Dschungel – und Finanzberatern Zugang zu potenziellen Kunden. Facebook für Finanzen Achim Denkel (l.) unterstützte kleine Fondsanbieter im Vertrieb. Philipp Schröder (r.) war Länderchef des Elektroautobauers Tesla und Geschäftsführer der Technologiefirma Sonnen. Bei Capinside soll ihre Fonds- und Tech-Expertise zusammenfließen. 274 www.fondsprofessionell.de | 1/2019 vertrieb & praxis I capinside

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