FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

In einer im vergangenen Jahr erstellten Stu- die ermittelte PwC mehr als 850 Partnerschaf- ten zwischen klassischen Finanzdienstleistern und den Fintechs, Tendenz steigend. „Bereits im Jahr 2017 haben wir rein statistisch alle 17 Stunden eine neue Fintech-Kooperation gese- hen“, sagt Demgensky. „Die Szene ist gewis- sermaßen schon jetzt ‚too connected to fail‘ – ohne Start-ups würde den Banken und Ver- sicherern ein entscheidender Innovationstrei- ber fehlen.“ Die Banken liegen mit derzeit 562 Kooperationen deutlich vor den Versiche- rern, die in 294 Fällen mit Fintechs zusam- menarbeiten. Der Unterschied resultiert wahr- scheinlich daraus, dass die Banker rund zwei Jahre früher begonnen haben, mit Fintechs zusammenzuarbeiten, als ihre Kollegen von der Assekuranz. „Plattform-Banking“ Die Hamburger Sutor Bank beschäftigt sich bereits seit Herbst 2013 mit digitalen Ge- schäftsmodellen in der Branche und arbeitet intensiv mit Fintechs zusammen. Derzeit stellt das Institut 14 Partnern eine Banking-Platt- form zur Verfügung. „Kaum einem Fintech ist es bisher gelungen, auch nur ansatzweise ein Banken-Killer zu werden“, sagt Sutor-Bank- Manager Hartmut Giesen. „Die vergleichs- weise großen Fintechs, etwa N26, Deposit Solutions oder Smava, entwickelten sich zwar zu mittleren Bankenkonkurrenten, haben aber bisher nicht die Finanzbranche umgekrem- pelt.“ Die meisten „Frontend-Fintechs“, so seine Beobachtung, sind Kooperationen mit Banken eingegangen oder arbeiten zumindest daran. Zu den ersten Partnern der Sutor Bank ge- hörten das Start-up Fairr.de, das online ETF- basierte Riester- und Rürup-Sparpläne anbie- tet, sowie das Anlageportal Zinspilot. Für Zins- pilot führen die Hanseaten etwa die Kunden- konten und verteilen die Anlagegelder auf die Festgeldkonten der Zielbanken. Und mit dem Kredit-Fintech Cash Cape entwickelten die Hamburger gemeinsam ein Scoring-System für die automatisierte Kreditprüfung. Über eine Schnittstelle nutzt das Start-up das Kern- bankensystem und die sogenannte „Decision- Engine“ der Bank, die eine Machbarkeitsein- schätzung für den Kreditwunsch erstellt. Die Hanseaten verstehen ihr Angebot als „Plattform-Banking“. „Das bedeutet, mit Part- nern auf einer gemeinsamen Plattform neue Geschäftsmodelle zu realisieren, Finanzange- bote verschiedener Partner nach dem Vorbild von Amazon auf einer Plattform zu bündeln oder Bankprodukte auf Partnerplattformen einzubetten“, so das Institut. Die Bank grün- dete eine eigene Entwicklungsabteilung, die als „universelle Schnittstelle“ zu den Start-ups fungieren soll. Diese Einheit übernimmt das „Onboarding“ neuer Partner, baut das Öko- system aus und entwickelt das Geschäftsfeld strategisch weiter. Das Engagement scheint sich auszuzahlen: „Durch die Kooperation mit unseren digitalen Partnern hat die Bank bis dato rund 150.000 neue Kunden gewonnen“, so Giesen. „Die Zahl der Kunden, die über dieses Segment kommen, entwickelt sich inzwischen mit einer hohen Dynamik und wächst mit rund zehn Prozent pro Monat.“ Der Erfolg scheint anzustecken. Mittlerweile überlegen auch große Häuser wie die Deut- sche Bank oder die Commerzbank, ins Platt- form-Banking einzusteigen. Geteilte Kunden Die Zahl der Kooperationen zwischen Ban- ken und Fintechs ist zwar groß, sie folgen jedoch bislang noch keinem festen Schema. Neben der beschriebenen Plattformlösung gibt es auch die Möglichkeit der Produktpartner- schaft sowie des „White Labeling“, so das Er- gebnis einer Studie, die die Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle gemeinsam mit der ING Bank und dem Magazin „Finance“ für den Firmenkundenbereich erstellt hat. Egal, wie die Kooperation konkret aussieht: Angst um die Kunden sollte keiner der Partner haben. „Der Kundenzugang ist das wertvollste Asset für beide Seiten. Bislang haben sowohl die Banken als auch die Fintechs eifersüchtig über diesen Kanal gewacht. Mittlerweile setzt sich Nina Gladen, Xavin: „Die große Anzahl an Fintechs zwingt auch Banken dazu, neu zu denken.“ Sascha Demgensky, PwC: „Banken und Fintechs nähern sich an und gehen eine Symbiose ein.“ Von B2C zu B2B Viele Fintech-Neugründungen zielen laut Angaben der Digitalisierungsexperten von Pricewaterhouse Coopers (PwC) auf B2B-Lösungen für Banken ab. Insbesondere die sogenannten Regtechs, die den Banken dabei helfen, die steigenden Regulierungsanforderungen zu erfüllen, boomen. Klassische Fintech-Spielwiesen im Privatkun- dengeschäft, beispielsweise Kredite oder B2C-Zahlungen, wirken dagegen zunehmend abgegrast. Standen in der Vergangenheit noch Kundenprodukte wie Sparen und Kredit im Fokus, sind Kooperationen zwischen Banken und Fintechs heute wesentlich breiter ausgerichtet. „Fin- techs haben sich erfolgreich als B2B-Anbieter etabliert und übernehmen infrastrukturrelevante Aufgaben oder fachliche Dienstleistungen beispielsweise im Rahmen von PSD2“, hat PwC-Manager Sascha Demgensky beobach- tet. „Eine Kooperation mit Start-ups mit Banklizenz bietet etablierten Banken die Chance, rasch innovative Produkte und Services an den Markt zu bringen, neue Ertragsquel- len zu nutzen und Kosten zu sparen, während sie sich gleichzeitig auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.“ » Die Szene ist gewissermaßen schon jetzt › too connected to fail ‹ – ohne Start-ups würde den Banken und Versicherern ein entscheidender Innovationstreiber fehlen. « Sascha Demgensky, PwC 349 www.fondsprofessionell.de | 1/2019

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