FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

geduldiger Investor langfristig dabei bleibt, dann zahlt sich die Geduld am Ende aus. Heuser: Was genau überzeugt Sie von Peugeot? Walewski: Als Carlos Tavares 2014 den Vorstandsposten bei Peugeot übernahm, hat er durch sinnvolle Kostenreduktion und die Verlegung von Forschung und Entwicklung ins preiswertere Marokko den Auto- mobilmarkt in Europa sozusagen zu seinem Vorteil konsolidiert. Denn andere haben ihn später kopiert. Damals hatte Peugeot mehrere Mil- liarden Euro Schulden und verzeich- nete erhebliche Verluste in seinem operativen Geschäft. Heute verfügt die Firma über eine Netto-Cashposi- tion von 9,5 Milliarden Euro und er- zielt jedes Jahr einen Gewinn von vier Milliarden Euro. Die Marktkapitalisierung ist um zehn Milliarden Euro gestiegen – und das obwohl Peugeot einen Konkurrenten wie Opel übernommen und eine nennenswerte Beteiligung am französischen Autozulieferer Faurecia erworben hat. Heuser: Vom ziemlich laut gewordenen Lärm um eine Aktie wie Wirecard, eben- falls eine der größten Positionen in Ihren Fonds, scheinen Sie sich nicht beunruhigen zu lassen? Walewski: Meiner Ansicht nach aus gutem Grund. Wir haben seit der Gründung unserer Gesellschaft in das Unternehmen investiert. Und es gab auch in den Jahren 2008 und 2016 schon ähnliche Kursrückschläge wie in der jüngeren Zeit. Auf die sind aber immer extrem starke Erholungsphasen gefolgt. Ins- gesamt haben wir mit Wirecard gutes Geld für die Kunden in unseren Fonds verdient. Heuser: Dann halten Sie weiterhin an der Aktie fest? Walewski: Ich sehe keinen Grund, das nicht zu tun. Das Unternehmen profitiert nach wie vor von einer hohen Dynamik in seinem operativen Geschäft. Das sollte letztlich den Aktienkurs antreiben, sobald sich der Lärm um die jüngste Berichterstattung in den Medien gelegt hat. Wirecard schließt weiter- hin neue langfristige Verträge mit großen, renommierten Firmen ab. Das Unternehmen wird zudem von Mitbewerbern wie auch Ge- schäftspartnern, die mit ihm zusammenarbei- ten, durchaus geschätzt. Nicht umsonst haben renommierte Marktakteure wie Visa und Mas- tercard, die bereits ein US-Dollar-Volumen in Billionenhöhe mit Wirecard abgewickelt ha- ben, nie von irgendwelchen Unregelmäßig- keiten berichtet. Solide Fundamentaldaten und ein enormes Wachstumspotenzial sollten da- her dazu führen, dass der Aktienkurs früher oder später wieder die tatsächliche fundamen- tale Stärke des Unternehmens widerspiegelt, unabhängig von Presseberichten, die sich der- zeit auf den Kurs auswirken mögen. In den Veröffentlichungen über die Akquisition des Unternehmens in Indien gab es nicht nur nichts Neues, die erhobenen Behauptungen wurden auch schon mehrfach von externen Auditoren widerlegt. Der abschließende Untersuchungsbericht des Wirtschaftsprüfers Rajah & Tann über die Singapur-Aktivitäten von Wirecard wird in Kürze veröffentlicht und dürfte die Anleger beruhigen. Mich erin- nern die Vorgänge um ein Unternehmen wie Wirecard manchmal stark an Amazon. Auch dieses Unternehmen wurde über viele Jahre hinweg immer wieder mit zum Teil unglaublichen Geschichten von einer Reihe interessierter Shortsel- ler ins Visier genommen. Heuser: Ihr Optimismus für einzelne Ihrer Posi- tionen in Ehren. Aber müssen nicht auch Sie der Tatsache ins Auge sehen, dass wir uns einer Spätphase des Konjunk- turzyklus nähern? Walewski: Es ist meiner Ansicht nach noch lange nicht ausgemacht, dass wir uns tatsächlich schon einem Spätzyklus nähern. Und es mag Sie verwundern, dass ich so- gar daran zweifle, dass wir einen Spätzyklus in der Art und Weise erleben werden, wie er aus der Geschichte heraus herkömmlicher- weise definiert wird. Schon seit Anfang der 70er-Jahre, konkret gesagt mit der Aufhebung des Goldstandards und der Freigabe der Wechselkurse – ist zumindest in den ent- wickelten Ländern ein vollkommen neues Re- gime entstanden, in dem traditionelle indus- trielle Konjunkturzyklen in ihrer Bedeutung abgelöst wurden. Zwar neigen viele Ökono- men immer noch dazu, sich in ihren Progno- sen auf dieses traditionelle Zyklenbild zu be- ziehen. Das ist der Grund, weshalb vor dem Hintergrund einer nach wie vor zunehmenden Verschuldung immer noch die Gefahr eines früher oder später erwachsenden massiven Anstiegs der Inflation heraufbeschworen wird. Einfach weil man die entsprechenden Beispie- le aus dem späten 19. Jahrhundert und dem frühen 20. Jahrhundert nach wie vor im Kopf hat. Ich bin allerdings davon überzeugt, das wir uns heute in einem vollkommen anderen Umfeld bewegen. Heuser: Das wie konkret aussieht? Walewski: Für die Emerging Markets funk- tioniert diese Orientierung an traditionell ge- prägten Zyklen nach wie vor. Vor allem des- halb, weil die Marktteilnehmer den meisten Schwellenländern keine große Toleranz in Bezug auf eine immer weiter steigende Ver- schuldung gewähren. Für die Konjunktur in den entwickelten Ländern aber spielt die traditionelle Sicht schon lange nicht mehr die entscheidende Rolle. Hier sind inzwischen monetäre Zyklen und die Politik der Noten- banken sehr viel relevanter. Nicolas Walewski: „Wir suchen mit einem geradlinigen Stockpicking-Ansatz nach attraktiven Aktien europäischer Unternehmen, die eine Unterbewertung aufweisen.“ 88 www.fondsprofessionell.de | 1/2019 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Die Notenbanken haben einen wieder sehr viel moderateren Kurs eingeschlagen, und auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China scheint sich zu entschärfen. « Nicolas Walewski, Alken Asset Management Alle Fotos: © Sarah Weal

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