FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Foto: © gpointstudio | stock.adobe.com V on dem Strukturvertrieb, der sie als Kundin angeworben hatte, war Stefa- nie Kühn noch vor Abschluss der ers- ten Verträge enttäuscht. Das war nicht die Art der Finanzberatung, die ihr vorschwebte. So entstand die Idee, ein eigenes Unternehmen zu gründen, das Beratung in den Vordergrund stellt. 1999 machte Kühn sich selbstständig, seit 2004 arbeitet sie nur noch auf Honorar- basis. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt sie die Private Finanzplanung Kühn in Gra- fing bei München. „Ich habe schnell ge- merkt, dass es in den Gesprächen mit den Kunden nicht nur um rationale Themen wie den Vermögensaufbau geht, sondern dass beim Geld auch ganz andere Dinge eine Rolle spielen“, sagt sie. „Manche trau- en sich beispielsweise nicht, an der Börse zu investieren, obwohl ihnen rational ei- gentlich klar ist, dass dies die richtige Ent- scheidung wäre. Andere haben Angst, das Erbe ihrer Eltern zu zerstören, und wagen sich deshalb nicht an Aktien heran.“ Kühn erkannte: Mit reiner Anlagebera- tung ist vielen nicht geholfen. Also bot sie Kunden an, sie dabei zu unterstützen, sich über ihr Verhältnis zum Geld bewusst zu wer- den. „Von Anfang an habe ich diese Themen mit angesprochen, wenn ich merkte, dass dort Fragen oder Ängste lauerten“, erinnert sie sich. Um solche Aspekte noch gezielter ange- hen zu können, absolvierte sie vor drei Jahren schließlich eine Ausbildung zum Mental- Coach. Mittlerweile bietet sie Finanzcoaching explizit als Dienstleistung an. Mentale Blockaden Bijan Kholghi kam auf anderem Weg zum Finanzcoaching. „Ich bin seit fast 20 Jahren an den Finanzmärkten aktiv und habe alle Höhen und Tiefen durchlebt“, berichtet der Honorarberater aus Bielefeld, der sich auf die Betreuung vermögender Privatkunden spezia- lisiert hat. Früher hat er einmal drei Jahre lang auf eigene Rechnung als Day-Trader mit Terminkontrakten gehandelt. „Da habe ich am eigenen Leib erfahren, wie wichtig die Psy- chologie für die Börse ist.“ Auch in Gesprächen mit Kunden merkte Kholghi, welch große Rolle Emotionen mit- unter spielen. Er bildete sich zunächst neben- beruflich psychologisch weiter, von 2015 bis 2017 absolvierte er dann eine Coachingaus- bildung beim Heidelberger Psychotherapeuten Gunther Schmidt. „Wenn ich merke, dass ein Kunde bei einer Finanzentscheidung mental blockiert ist, sage ich ihm, dass ich ihm mit einem Coaching helfen kann, diese Blockade zu lösen“, berichtet Kholghi. „Einige lehnen dankend ab, andere sind aber froh und steigen mit mir tiefer in das Thema ein.“ Methoden statt Intuition So wie Kühn und Kholghi ist es auch anderen Finanzberatern ergangen. Manche haben sich für eine klassische Coaching- Ausbildung entschieden, um ihr Profil ab- zurunden, andere haben sich an Monika Müller gewandt, die in Deutschland als Finanzcoach-Pionierin gilt. Seit 2013 bietet ihr Wiesbadener Unternehmen FCM einen entsprechenden Lehrgang an (siehe Kasten nächste Seite). „Viele Berater treffen bei ihren Kunden auf Fragen, die wenig mit einer klassischen Anlageberatung oder Manche Finanzberater sprechen mit Kunden auch über die emotionalen Aspekte des Geldes. Professionell betrieben ist Finanzcoaching ein interessantes Geschäft. Vom Berater zum Coach Im Sport wird der Coach oft mit dem Trainer gleichgesetzt: Er ist der Fachmann, der Tipps und Anweisungen gibt. Im Geschäftsleben dagegen hilft der Coach seinen Klienten, selbst die Lösung zu finden. Er agiert auf Augenhöhe. » Der Coach arbeitet an Fragen, auf die Google keine Antwort weiß. Darum gibt es auch keine digitalen Tools und Apps, die den Coach ersetzen könnten. « Monika Müller, FCM Finanz Coaching Definition: Coaching Der Begriff Coaching wird als Sammelbegriff für unterschiedliche Beratungsmethoden (Einzelcoaching, Teamcoaching, Projektcoa- ching) verwendet. Im Unterschied zur klassischen Beratung wer- den keine direkten Lösungsvorschläge durch den Coach gelie- fert, sondern die Entwicklung eigener Lösungen wird begleitet. Coaching bezeichnet strukturierte Gespräche zwischen einem Coach und einem Coachee (Klienten) zum Beispiel zu Fragen des beruflichen Alltags (…). Die Ziele dieser Gespräche reichen von der Einschätzung und Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Perspektiven über Anregungen zur Selbstreflexion bis hin zur Über- windung von Konflikten (…). Dabei fungiert der Coach als neu- traler, kritischer Gesprächspartner (…). Quelle: Wikipedia 268 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 vertrieb & praxis I finanzcoaching

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