FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

Arbeitsgruppe leisten können. Der Rest ist eine politische Diskussion. Noch einmal einen Schritt zurück: Was ist die Taxonomie – und was ist sie nicht? Sie ist im Grunde nichts anderes als eine Liste von wirtschaftlichen Aktivitäten und deren Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeits- zielen in Bezug auf unsere Umwelt. Sie ist flexibel genug, um auf unterschiedliche Investmentstile und -strategien angewendet zu werden. Interessanter ist in diesem Zusam- menhang tatsächlich, was die Taxonomie nicht ist: Sie ist nämlich kein System zur Identifizierung guter oder schlechter Unter- nehmen. Und es handelt sich schon gar nicht um eine irgendwie geartete obligatorische Pflichtenliste für Investitionen, wie das zum Teil von interessierter Seite gern kolportiert wird. Sie ist außerdem nicht statisch, und wir sind uns in der TEG bewusst darüber, dass sie sich im Lauf der Zeit verändern wird, wenn sich Technologien und Markttrends ändern. Am Ende ist es nichts anderes als eine Liste von Standards zur Offenlegung verschiedener Umweltkriterien in Unternehmen. Sie sind sich aber schon dessen bewusst, dass diese Liste eine ausgeprägte Len- kungsfunktion entwickeln wird? Das ist ja auch der Sinn der Sache. Das steht nicht nur im Einklang mit den in Artikel 2.1.c genannten Zielen des Pariser Klimaabkom- mens, sondern auch mit dem EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Mit Letzterem verfolgt die EU unter dem Motto „Shifting the Trillions“ ja das Ziel, das europäische Finanzsystem über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg nachhaltiger auszurichten. Dazu braucht es diesen Offen- legungsstandard. Damit sozusagen alle – der Investor wie auch der Anbieter eines Finanz- produkts – die gleiche Sprache sprechen, um am Ende zu verstehen, worin eigentlich die Umweltleistung eines Unternehmens besteht. Um für Klarheit auf allen Ebenen zu sorgen, benötigen wir ein neues Instrument wie die Taxonomie. Aber Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Anleger nicht weiterhin dort investieren werden, wo sie finanzielle Erträge erzielen können. Das ist schließlich ihre Hauptaufgabe. Deshalb sollte man es nicht übertreiben mit der Sorge, dass künftig kein Geld mehr in wirtschaftliche Aktivitäten flie- ßen wird, die entsprechende Umweltkriterien nicht oder nur unzureichend erfüllen. Glauben Sie mir, wenn es einen Investment Case gibt, dann wird auch jemand investieren. Das sehen aber noch längst nicht alle Marktteilnehmer so. Wir müssen uns doch im Klaren darüber sein, dass schon ein radikales Umdenken auf Seiten von Regierungen nötig wäre, um deren Ver- ständnis des Funktionierens von Kapitalmärk- ten in einer solchen Art und Weise zu verän- dern. Bisher ist man sich doch vielmehr einig, dass funktionierende Märkte immer noch den Wohlstand stützen und unterstützen. Niemand möchte, dass Regierungen in einer Art zen- traler Planwirtschaft vorschreiben, wo man investieren soll. Jeder möchte, dass Märkte florieren, weil man davon ausgeht, dass sie gut darin sind, Kapital zu allokieren und gute Investments ausfindig zu machen. Das ist im Übrigen auch genau das, was wir beim The- ma Klimawandel benötigen. Deshalb mögen die Taxonomie-Kritiker doch etwas moderater vorgehen, wenn sie schon an die Wand malen, wie schlimm die Konsequenzen sein werden. Wobei das ja keineswegs der einzige Kritikpunkt ist. Viele bemängeln, dass Nathan Fabian: „Separat und nicht in der Verantwortung der TEG erfolgen die politischen Verhandlungen über die Umsetzung der Verordnung. Das geschieht im Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission der EU.“ » Die Taxonomie- Kritiker mögen etwas moderater vorgehen, wenn sie schon an die Wand malen, wie schlimm deren Konsequenzen sind. « Nathan Fabian, CIO der UN-Initiative PRI Foto: © Sarah Weal Nathan Fabian, CIO der UN-Initiative PRI Nathan Fabian ist Chief Responsible Investment Officer bei den von den Ver- einten Nationen unterstützten Principles for Responsible Investment. Er leitet und überwacht die Aktivitäten der PRI in den Bereichen Investment Practices, Active Ownership, Policy & Research, ESG, Climate Change und Sustainable Deve- lopment Goals (SDG). Er ist auch Be- richterstatter für die Taxonomiegruppe der Technischen Expertengruppe (TEG) der Europäischen Kommission für nachhaltige Finanzen. Er war zudem Beobachter in der High Level Expert Group (HLEG) der EU für nach- haltige Finanzierungen und Mitglied des Sekretariats der britischen Green Finance Taskforce. Vor seiner Zeit bei PRI war Fabian CEO der Investor Group on Climate Change (IGCC) in Australien und Neuseeland. Zuvor war er Leiter des ESG Research bei Regnan, einem Anbieter von ESG- Research- und Engagement-Dienstleis- tungen, Gründungspartner von Full Corp Partners, einer Beratungsfirma für Finanzdienstleister und IT-Start-ups, und Berater für Corporate Governance Policy bei Senatorin Penny Wong aus Australien. Er verfügt über einen Master-Abschluss der University of New South Wales, einer der führen- den Universitäten Australiens. Nathan Fabian, CIO der UN-Initiative PRI markt & strategie I nathan fabian |un-initiative pri 174 www.fondsprofessionell.de | 4/2019

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