FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

tin Klein, der geschäftsführende Vorstand des Votum Verbandes. Gerade in der aktuellen Corona-Krise sei zu erwarten gewesen, dass sämtliche Gesetzgebungsvorhaben, die die Wirtschaft mit zusätzlichen Bürokratiekosten belasten, auf den Prüfstand gestellt werden. Doch das sei nicht passiert. Ähnlich sieht es AfW-Vorstand Norman Wirth. „Zu einer Zeit, in der gerade der Mit- telstand voraussichtlich extrem von den Aus- wirkungen der Corona-Epidemie getroffen wird, halten wir es für ein denkbar falsches Zeichen, dieses mittelstandsfeindliche Gesetz weiter voranzutreiben“, sagt er. Und auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskauf- leute (BVK) kritisiert den Kabinettsbeschluss vehement. „Wir kämpfen jedoch weiterhin für den Erhalt der langjährig erprobten und prak- tizierten Aufsicht, da wir überzeugt sind, dass dieser Gesetzentwurf nur Bürokratiekosten für Finanzanlagenvermittler und keinen Mehrwert für Verbraucher bringen wird“, sagt BVK- Präsident Michael H. Heinz. Der Verbraucher- zentrale Bundesverband (VZBV) und die Ver- bände der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) hingegen begrüßen in ungewohnter Einigkeit den Beschluss des Bundeskabinetts für eine „bessere Finanzaufsicht“. In den parlamentarischen Verhandlungen müssten die Koalitionspartner nun zügig eine gemeinsame Linie finden, wenn der aktuelle Zeitplan gehalten werden soll. Vorgesehen ist, den Gesetzentwurf bis zur politischen Som- merpause im Bundestag zu verabschieden. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass die Aufsicht wie im Regierungsentwurf projek- tiert auf die Bafin übergeht, so hätte dies für die 37.974 Finanzanlagenvermittler, die Anfang Januar dieses Jahres im Vermittler- register des DIHK verzeichnet waren, erheb- liche Folgen. Und damit natürlich auch für den Gesamtmarkt der freien Vermittler. „Die Bafin ist zentral strukturiert und hat kaum Erfahrungen mit Kleingewerbetrei- benden“, betont Jürgen Steinmetz, Haupt- geschäftsführer der IHK Mittlerer Nieder- rhein. Für die Aufsicht müssten daher ganz neue Strukturen aufgebaut werden. „Den finanziellen Aufwand hätten letztendlich die Vermittler zu tragen“, kritisiert Steinmetz. Rund 1.000 Euro jährlich Zu den Kosten, die künftig anfallen sollen, macht der Regierungsentwurf sehr konkrete Angaben. Den größten Block bilden die an die Finanzaufsicht jährlich zu entrichtenden Gebühren, die sich aus einer Umlage und den individuellen Prüfgebühren zusammensetzen. Dafür veranschlagt der Entwurf insgesamt 36,4 Millionen Euro. Hinzu kommen laufende Kosten von jährlich 0,435 Millionen Euro. Diese sollen etwa für die Übermittlung der künftig verpflichtenden Selbstauskunft oder die Zustellung des Kostenbescheids durch die Bafin fällig werden. Dividiert durch die Zahl der 37.000 34f-ler, mit der das BMF in seinem Entwurf rechnet, ergeben sich pro Vermittler jährlich 995,54 Euro, die an die Bafin zu zahlen sind. Der Jürgen Steinmetz, IHK Mittlerer Niederrhein: „Den finan- ziellen Aufwand hätten die Vermittler zu tragen.“ Was auf Fondsvermittler zukommt: Das steht im Regierungsentwurf Das Bundesfinanzministerium hat am 11. März 2020 einen Regierungsentwurf für das Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundes- anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzanlagen- vermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz, kurz: FinAnlVÜG) beschlossen. Dies sind die wesentlichen Punkte. Abschaffung von § 34f und 34h: Im Wertpa- pierhandelsgesetz (WpHG) wird ein neuer Erlaubnistatbestand eingeführt. Er gilt für bis- herige Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) und Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis nach Paragraf 34h GewO. Der neue Erlaubnistatbestand löst die Paragrafen 34f und 34h GewO ab. Erlaubnis- voraussetzungen bleiben Zuverlässigkeit, geordnete Ver- mögensverhältnisse, der Nachweis einer Berufshaft- pflichtversicherung und der Nachweis der Sachkunde. Pflichten aus der FinVermV werden übernommen: Die materiellen Regelungen der Finanzanlagenvermittlungs- verordnung (FinVermV) sollen in das WpHG und daran anknüpfende Bestimmungen (Verordnungen) überführt werden. Dabei handelt es sich um Verhaltens-, Organi- sations- und Prüfungspflichten für 34f-ler und 34h-ler. Einheitliche Bezeichnung: Die bisherigen Finanzanlagen- vermittler und Honorar-Finanzanlagenberater werden unter dem neu geschaffenen Begriff „Finanzanlagendienstleis- ter“ zusammengeführt. Die Finanzanlagendienstleister wiederum werden in drei Gruppen untergliedert: Finanz- anlagendienstleister mit eigener Erlaubnis, Vertriebsgesell- schaften mit erweiterten Anforderungen und vertraglich gebundene Vermittler ohne eigene Erlaubnis. Eigene Aufsichtskategorie: Finanzanlagendienstleister sollen auch künftig nicht als Finanzdienstleistungsinstitute oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen eingestuft werden. Stattdessen sollen sie eine eigenständige Auf- sichtskategorie bilden. Stichtag 1. Januar 2021: Alle Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater sollen zum 1. Januar 2021 der Bafin-Aufsicht unterstellt werden. Bestehende Erlaubnisse nach GewO bleiben ihrem Umfang und Inhalt nach zunächst bestehen. Die Inhaber werden ab 1. Ja- nuar 2021 in einem Nachweisverfahren sukzessive durch die Bafin überprüft. Die bisherigen Aufsichtsbehörden, also die Gewerbeämter und die Industrie- und Han- delskammern, werden ab dem genannten Stichtag nicht mehr für Erlaubnisverfahren, Ordnungswid- rigkeits-, Widerrufs- und Untersagungsverfahren sowie die laufende Aufsicht zuständig sein. Aber: Die Sachkundeprüfungen sollen in ihrem Verant- wortungsbereich verbleiben. Sukzessive Überprüfung: Die Bafin soll mit der Überprüfung der „großen Vertriebsgesellschaften“ begin- nen und sich dann sukzessive die Vermittler und Berater vornehmen. Für das gesamte Prüfverfahren sind maximal fünf Jahre vorgesehen. Künftig ohne Wirtschaftsprüfer: Die Bafin wird künftig selbst prüfen, ob Finanzanlagendienstleister allen Verhal- tenspflichten nachkommen. Die Testate von Wirtschafts- prüfern werden durch Selbsterklärungen ersetzt. Finanzierung: Das neue Aufsichtsmodell ist umlagefinan- ziert. Die künftigen Finanzanlagendienstleister werden ver- pflichtet, die Umlage sowie weitere Gebühren an die Bafin zu zahlen. Der Entwurf rechnet mit einer jährlichen Belas- tung von mindestens 36,4 Millionen Euro. www.fondsprofessionell.de | 1/2020 415

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