FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

blick. Wie viele Gespräche mag es geben, die mit der Frage ‚Bist du auch betro en?‘ beginnen? Der Rest ergibt sich von selbst.“ Das allein sei jedoch noch keine Garantie dafür, dass es zu einer Empfehlung kommt – aber der Boden ist bereitet. Sofern der Berater dieses Momentum erkenne und nutze, käme es auch zu Empfehlungen. MARCUS HIPPLER FP Gisbert Straden | Vertriebscoach „Lernen, Mitarbeitern zu vertrauen “ Vertriebscoach Gisbert Straden im Interview mit FONDS professionell über Emotionen im Verkauf, das Thema Weiterempfehlungen und innere Widerstände. G isbert Straden, Jahrgang 1961, kennt die Finanzbranche aus eigener An- schauung: Bevor er sich als Trainer und Berater selbstständig machte, arbeitete der diplomierte Betriebswirt unter anderem für einen Strukturvertrieb, im Außen- dienst für verschiedene Versicherer und im Private Banking einer Sparkasse. Herr Straden, welche Faktoren beein- flussen Kunden, ob sie ihr Bankinstitut Freunden oder Bekannten empfehlen? Gisbert Straden: Es sind sicher die übli- chen Verdächtigen wie Vertrauen, Zufrie- denheit, Performance oder Image. Aber meines Erachtens kommt die Empfeh- lung von ganz allein. Ich würde sogar sagen, es gibt so etwas wie einen „Emp- fehlungsautomatismus“. So wurden wir sozialisiert: „Hast du schon gehört? Da musst du mal hin!“Oder: „Das ist klasse. Das musst du ausprobieren!“Wir sind in unserer Gesellschaftsform auf die Hilfe von anderen angewiesen. Networking ist ein zutiefst menschlicher Wesenszug. Ohne Seilschaften, Beziehungen oder Familien passiert wenig. Genau, dies wird uns bereits im Klein- kindalter beigebracht. Die viel interessan- tere Frage ist doch: Weiß die Bank davon? Kann sie es steuern? Sind die Berater in der Lage, diesen Automatismus auszulö- sen? Haben wir ein Pro-Empfehlungs- Mindset? Oder werden wir von dem, was uns vielleicht in unserer beru ichen Sozialisierung beigebracht wurde, immer noch beherrscht? Nach dem Motto „Im Private Banking müssen wir freundlich und zurückhaltend sein“ oder „Empfeh- lung ist was für Strukturvertriebe“. Hier gilt es anzusetzen. Die Faktoren sind an dieser Stelle eher zweitrangig. Das Einzi- ge, was zählt, ist: Just do it! Was können Banken tun, um den Anteil der Weiterempfehlungen zu erhöhen? Zuallererst einmal sollten sie diesbezüg- lich dafür sorgen, dass ein echter Kultur- wandel herbeigeführt wird. Sie müssen damit aufhören, Mitarbeiter zu zwingen, etwas zu tun,mit dem sie sich nicht iden- ti zieren. Und damit meine ich nicht die Empfehlung, sondern die Art und Weise, wie von Mitarbeitern verlangt wird, Empfehlungen einzuholen. Nicht um- sonst ist das Credo meines letzten Buches „Find your style“. Banken sollten lernen, Mitarbeitern zu vertrauen. Jeder ist in der Lage, die Frage nach der Empfehlung zu stellen. Schulungen, die sich darauf beschränken, Mitarbeitern irgendwelche Formulierungen beizubringen, gehören abgesagt. Vielmehr geht es darum, an inneren Widerständen, Barrieren, Limi- tierungen und Blockaden zu arbeiten. Das Analyseinstitut Yougov geht davon aus, dass tief liegende Einstellungsmerk- male und Charakterzüge die Weiteremp- fehlungsbereitschaft beeinflussen. Da ist sicher etwas dran – aber eben auch nichts Neues. Wir meinen, wir müssten zu jedem Zeitpunkt verstehen, was in den Köpfen unserer Kunden vorgeht. Dies wird uns jedoch nicht gelingen. Und wir müssen dies auch nicht wissen. Es reicht vollkommen aus, eine Grund- annahme zu haben, die da lautet: Jeder Kunde ist grundsätzlich dazu bereit, uns oder mich weiterzuempfehlen – ich muss ihn oder sie nur darauf ansprechen. MARCUS HIPPLER FP Online weiterlesen: QR-Code scannen oder www.fponline.de/Stra320 eingeben Gisbert Straden, Vertriebscoach: „Jeder Kunde ist grundsätzlich dazu bereit, uns weiterzuempfehlen – wir müssen ihn nur darauf ansprechen.“ BANK & FONDS Neukundengewinnung FOTO: © PHOTOATELIER CLAUDIA PFEIL 406 fondsprofessionell.de 3/2020

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