FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Die Wachablöse vor dem Bucking- ham Palace in London zieht viele Besucher an – wenn nicht gerade Corona herrscht. Überholt dagegen ein Megafonds einen anderen, geschieht das eher im Verborgenen. Wach wechsel Früher dominierten Namen wie Fidelity oder Carmignac das Ranking der Milliardenportfolios. Nun ist ein hierzulande kaum bekanntes Sondervermögen Europas größter Publikumsfonds. E s gibt wohl wenige Branchen, wo Größe so wichtig ist wie im Asset Management. Das Geschäft lebt von Ska- leneffekten: Wenn ein Fonds statt 100 Mil- lionen plötzlich eine Milliarde Euro verwal- tet, kostet das kaum mehr Aufwand, wirft aber zehnmal so hohe Gebühren ab. Zu- dem erfüllt es natürlich jeden Portfolio- manager und seinen Arbeitgeber mit Stolz, wenn Kunden ihm mehr Geld anvertraut haben als den Wettbewerbern. Vor diesemHintergrund ist eine aktuelle Morningstar-Auswertung interessant: Das Analysehaus hat recherchiert, welcher euro- päische Publikumsfonds wann das meiste Geld verwaltete. Die Ergebnisse wecken Erinnerungen an einstige Bestseller, rufen fast vergessene Börsentrends zurück ins Gedächtnis – und zeigen eindrücklich das Wachstum der Branche. Vor 15 Jahren reichten nämlich 24 Milliarden Euro, um sich Europas größter Fonds nennen zu dür- fen, mittlerweile müssen es fast 60 Milliar- den Euro sein (siehe Grafik nächste Seite). Anfang 2006 stand ein Fonds an der Spitze des Rankings, den heute noch jeder Finanzberater kennt, der damals schon im Geschäft war: der Fidelity European Growth. Anthony Bolton und später Graham Clapp meisterten nicht nur das Platzen der New-Economy-Blase besser als zahlreiche Wettbewerber, auch beim darauf folgenden Aufschwung war der Fonds vorn dabei. Kein Wunder, dass Fidelity mit seinem Flaggschiffprodukt Milliarde um Milliarde einsammelte. Doch Clapp verlor sein glückliches Händchen, das Volumen schmolz dahin. Außerdem fanden viele Anleger plötzlich andere Themen spannen- der – beispielsweise den Aufschwung der Schwellenländer. Einer der Profiteure des Emerging-Mar- kets-Booms waren Rohstoffinvestments und mithin der BGF World Mining, der damals, vor der Übernahme durch Black- rock, von Merrill Lynch Investment Ma- nagers verwaltet wurde. Das von Evy Hambro verantwortete Portfolio löste das Fidelity-Produkt im Juli 2007 als Europas größten Fonds ab.Doch die globale Finanz- krise beendete diese sagenhafte Story ab- rupt: Rohstoffaktien kamen im Lehman- Crash besonders böse unter die Räder. Neuer Star „Zwischen August 2008 und Mai 2009 brachte die Finanzkrise ein verwirrendes Intermezzo an der Spitze der Rankings mit sich“, analysiert Ali Masarwah aus dem Frankfurter Research-Team von Morning- star. Fonds wie der BGF Global Allocation, der Pictet Global Utilities und der Invesco UK Equity High Income wechselten sich oben auf dem Podest ab. „Im Mai 2009 wurde dann ein neuer Star auf die Bühne geschoben: der Carmignac Patrimoine“, so Masarwah. Edouard Carmignac hatte das Kunststück vollbracht, sein Portfolio unbe- schadet durch das Horrorjahr 2008 zu ma- 46,9 Mrd. Euro verwaltete der BGF Global Allocation im März 2015. Aktuell sind es noch rund zwölf Milliarden Euro. Quelle:Morningstar MARKT & STRATEGIE Europas größter Fonds FOTO: © ROZA | STOCK.ADOBE.COM 108 fondsprofessionell.de 4/2020

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