FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Mit den Kindern Kekse backen, das Essen fertig haben, wenn der Gatte nach Hause kommt: Das Frauenbild der 1950er-Jahre ist längst ein Klischee. Finanzberatung für Frauen hingegen ist nicht klischeehaft. Fern aller Klischees Frauen brauchen eine andere Art von Anlageberatung als Männer, und das hat mit Schubladendenken nichts zu tun. Warum Finanzberatung von Frauen für Frauen durchaus sinnvoll ist. E s ist das Jahr 1993: Eine Frau, 35 Jahre alt, verheiratet, sitzt in ihrer Bank einem Berater gegenüber. Sie möchte eine stattliche Summe Geld möglichst gut anle- gen. Die Zinsen sind zu dieser Zeit noch hoch. Ob sie ihr Kapital nicht auf ein Sparbuch legen wolle, fragt der Finanzprofi. „Nun ja, den größten Teil schon,“ sagt die Dame. Aber ein bisschen könnte doch auch an der Börse … „Aktien?“, fragt der Anlage- berater. „Sie wollen in Aktien investieren?“ Er mustert die Kundin. Und dann sagt er: „Sie sehen nicht so aus, als ob Sie risikofreudig wären.“ Zugegeben, diese Begeben- heit ist konstruiert. Der Satz über die mutmaßlich mangeln- de Risikofreude ist aber tatsäch- lich gefallen. Diese Bemerkung machte ein Berater gegenüber einer Testkundin, die Anfang der 1990er-Jahre im Auftrag der Stiftung Warentest unterwegs war. Es galt herauszu- finden, wie potenzielle Anlegerinnen bei deutschen Geldinstituten beraten wurden. Deutlich schlechter als Anleger, so das Ergebnis der Untersuchung. Die Berater trauten ihnen keine Finanzkenntnisse zu, hielten sie für „Anfängerinnen“ und zeig- ten sich vielfach arrogant. Knapp 30 Jahre später hat sich die Situa- tion gewandelt. Gut informierte junge Frauen sprechen ihren Berater von sich aus auf ETFs an. Die Finanzprofis selbst haben längst erkannt, dass Kundinnen ebenso ernst zu nehmen sind wie männliche Anleger. Und deshalb benötigt eine Frau auch keine andere Anlagebe- ratung als ein Mann. „Ziel- gruppe Frau“– das ist doch ein reines Klischee. Oder? Macht und Kontrolle „Nein“, sagt Renate Kewenig, Inhaberin des Unternehmens Finanzverstand aus Rheinbach, mit dem sie zu einer besseren Finanzbildung der Bundesbür- ger beitragen möchte. „Es ist kein Klischee, dass Frauen eine andere Art der Finanzberatung brauchen als Männer“, konsta- tiert sie. Ein Grund dafür sei, dass die beiden Geschlechter unterschiedliche Einstellungen zum Thema Geld haben. Dies Geringeres Finanzwissen „Können Sie sagen, was ein Investmentfonds ist?“* Nicht einmal 40 Prozent der befragten Frauen können erklären, was ein Fonds ist. Bei den Männern kennt knapp die Hälfte die Antwort. *Umfrageunter1.021Bundesbürgernab18Jahren imApril2019 |Quelle:Bankenverband/KantarTNS Männer Frauen Alle Ja Nein keine Antwort 43 % 55 % 2 % 38 % 60 % 2 % 48 % 49 % 3 % VERTRIEB & PRAXIS Finanzberatung für Frauen FOTO: © NEW AFRICA | STOCK.ADOBE.COM 302 fondsprofessionell.de 4/2020

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