FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

mit schon weit vor dem Pariser Klima- abkommen, das natürlich noch einmal für zusätzlichen Schub gesorgt hat, in unserer Branche eine Entwicklung in Gang gesetzt, die inzwischen beeindruckende Ergebnisse zeigt. Der ESG-Fondsmarkt in Deutsch- land wächst extrem dynamisch, und das nicht nur in Bezug auf die Portfolios insti- tutioneller Investoren. Das in nachhaltigen Fonds angelegte Vermögen hat inzwischen die Marke von 100 Milliarden Euro deut- lich überschritten, über die Hälfte davon liegt in Publikumsfonds. Zum Vergleich: Das insgesamt von der Branche verwaltete Fondsvermögen von über drei Billionen Euro ist über mehrere Jahrzehnte gewach- sen. Und auch das Neugeschäft von ESG- Fonds hat kräftig zugelegt. Nachhaltigen Publikumsfonds sind bis Ende August 2020 netto 10,5 Milliarden Euro zuge- flossen. Verglichen mit dem Vorjahreszeit- raum entspricht das mehr als einer Ver- doppelung. Wie steht es denn eigentlich umdie von der EU-Kommission für März 2021 angekün- digte Umsetzung nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungspflichten? Der BVI hat sich nachdrücklich für realisti- sche Anforderungen in Bezug auf den Start der EU-Offenlegungsverordnung einge- setzt. Und die in diesem Zusammenhang formulierte Kritik zeigt inzwischen Wir- kung. Denn die EU-Kommission hat ange- kündigt, die Vorschriften zu den nachhal- tigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten pragmatisch umzusetzen. Dadurch werden die Vorgaben aus dem reinen Verordnungs- text zwar unverändert am 10.März 2021 in Kraft treten. Aber erst zu einem späteren Zeitpunkt – nach derzeitigem Stand An- fang 2022 – sollen dann die technischen Regulierungsstandards mit den entspre- chenden Detailvorgaben in Kraft treten. Das wird es den Fondsgesellschaften er- möglichen, ihren künftigen Pflichten zur Nachhaltigkeit nachzukommen, ohne am politisch festgelegten Starttermin der Offenlegungsverordnung zu rütteln. Zu- dem verhindern die Aussagen einen Ver- triebsstopp nachhaltiger Fonds, der an- sonsten gedroht hätte. Und diese Verschiebung gilt auch für die geforderte Abfrage von sogenannten ESG- Präferenzen durch einen Finanzberater? Wir gehen davon aus, dass auch die Ver- pflichtung zur Abfrage von Nachhaltig- keitspräferenzen entsprechend verschoben wird. Man kann doch als Berater nicht etwas abfragen, was in seiner Granularität überhaupt noch nicht definiert ist. Es wür- de nur zur Verwirrung von Anlegern bei- tragen, wenn man angesichts des Spek- trums an möglichen Faktoren, die dabei relevant sein können, den Versuch unter- nähme, vorauszuahnen, was ein idealty- pischer Privatkunde an Nachhaltigkeits- präferenzen haben sollte oder müsste. Wie steht es denn generell um das Spar- und Anlageverhalten vor dem Hintergrund der Unsicherheit aufgrund der Corona- Pandemie? Privatanleger sind erstaunlich gelassen durch die zurückliegenden Monate gegan- gen. Natürlich hat die Entwicklung an- fangs, insbesondere während der starken Kursrückgänge imMärz, zu einer eher ver- » Nachhaltigen Publi- kumsfonds sind bis Ende August 2020 netto 10,5 Milliarden Euro zugeflossen. Verglichen mit dem Vorjahres- zeitraum entspricht das mehr als einer Verdoppelung. « Alexander Schindler, Union Investment FOTO: © UNION INVESTMENT fondsprofessionell.de 4/2020 353

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