FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Bei fast jedem Zusammenschluss verkün- den die beteiligten Institute, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Ent- spricht das der Realität? Das klingt ein bisschen nach Märchen.Wo kann ich Kosten sparen? Da wo Hände, Ar- me und Beine sind. Bei Zusammenschlüs- sen sind meist in den ersten zwei Jahren zwar keine Kündigungen angedacht, aber in erster Linie erzielt man die geplanten Einsparungen, indem man die Personal- ausgaben senkt. Alle Rechenzentren- und Logistikkosten bleiben gleich, die verrin- gern sich nicht durch die Fusion. Gibt es für die oben geschilderten Heraus- forderungen keine andere Lösung als eine Fusion? Ihr Haus scheint die Sache etwas anders anzugehen. Geschäft machen. Vertrieb, Vertrieb und nochmals Vertrieb ist das Thema.Wir wei- sen bereits seit einiger Zeit eine Bilanzsum- me von rund 1,5 Milliarden Euro aus, un- ser Kundengeschäftsvolumen beträgt aber rund fünf Milliarden Euro. Wir haben frühzeitig auf das Provisionsgeschäft mit Verbundpartnern und neu hinzugekom- menen Partnern gesetzt. In unserer Region sind wir beispielsweise einer der größten Immobilienfinanzierer, dabei läuft viel Geschäft über die von uns mitentwickelte Immobilienplattform „Genopace“, die wir gemeinsam mit Partnern aus dem genos- senschaftlichen Finanzsektor betreiben. Ihr Haus eröffnet neue Geschäftsstellen oder vergrößert bestehende Zweigstellen, während andere Banken welche schließen. In diesemJahr haben Sie eine Filiale in der Düsseldorfer Altstadt aufgemacht, nach- dem die Sparkasse sich dort zurückgezo- gen hat. Warum das? Bei Gesprächen mit den einzelnen Knei- piers und der Vereinigung der Altstadtwirte kam immer wieder die Frage nach der Bar- geldversorgung auf. Und wenn genügend Mitglieder einen Bedarf haben, versuchen wir ihn zu decken und daraus ein Ge- schäftsmodell zu machen.Neben der Stadt- sparkasse zogen sich weitere Banken aus der Altstadt zurück. Diese Lücke füllen wir gern. Derzeit betreiben wir in der Altstadt eine reine Kassen- und Servicefiliale mit zwei Mitarbeitern. Geplant ist jedoch, dass noch ein Berater dazustößt. Persönlich und menschlich bedaure ich jede Schließung, aber als Banker freue ich mich über jede geschlossene Filiale von Mitbewerbern, weil wir dann da sein können. Spätestens nachdem unsere Mitbewerber die Auto- maten in den geschlossenen Filialen abge- baut haben, kommt regelmäßig ein großer Schwung von Kunden zu uns. Ist es für Ihr Haus eine Alternative, sich Geschäftsräume mit einer anderen Bank, beispielsweise den örtlichen Sparkassen, zu teilen? Im Sinne von „Zwei Tage VR Bank, zwei Tage Sparkasse“? Ich lehne dieses Modell komplett ab. Wa- rum? Weil gerade Sparkassen unser Haupt- wettbewerber sind. In unserem Geschäfts- gebiet agieren vier Sparkassen, da ist die größte Wechselmasse an Kunden vorhan- den. Die Banken aus unserer Gruppe, die dieses Modell praktizieren, gehören nicht unbedingt zu den vertriebsstärksten Institu- ten. Oftmals hören wir Argumente wie » Den meisten Banken ist der Wille und das Können verloren gegangen, Kunden- geschäft zu machen. « Rainer Mellis, Volksbank Düsseldorf Neuss FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT fondsprofessionell.de 4/2020 371

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