FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

die Beteiligung von 59,9 Prozent an Gore im HGB-Jahresabschluss 2020 einen Wert von 179,8 Millionen Euro ansetzen. Mitte März veröffentlichte Preos dann eine Ad-hoc-Mitteilung, die es in sich hat: Nun erwartet der Vorstand „aufgrund einer Auswertung ihm aktuell vorliegender Informationen“ nur noch einen Ansatz zwischen 80 und 125 Millionen Euro. Eine nähere Begründung gab es nicht. Schon im Wertpapierprospekt, den Pu- blity Ende November wegen einer Umplat- zierung von Preos-Aktien (siehe Kasten un- ten) veröffentlichte, finden sich Hinweise darauf, dass sich der Wertansatz von fast 180 Millionen Euro für die Gore-Aktien womöglich nicht halten lässt. In den Pro- forma-Finanzkennzahlen, die für den Pro- spekt erstellt werden mussten, blieben die „Zukunftserfolgswerte“ in Abstimmung mit dem Abschlussprüfer von Preos jeden- falls „im Wesentlichen unberücksichtigt“. Publity selbst stufte das Risiko, dass der im Preos-Jahresabschluss anzusetzende Wert für die Gore-Beteilung „erheblich“ unter den 179,8 Millionen Euro liegen wird, im Prospekt als „hoch“ ein. Dieses Risiko scheint sich nun zu materialisieren. Der Prüfer redet mit Bei der Frage, wie viel eine Firma tatsäch- lich wert ist, kommt es eben doch nicht nur darauf an, dass sich Käufer und Ver- käufer einig sind. Mitunter hat auch der Wirtschaftsprüfer noch ein Wort mitzu- reden. BERND MIKOSCH FP Preos-Aktien mit Rabatt – vermittelt über Tippgeber Ende vergangenen Jahres sorgte der Publity-Kon- zern mit einem ungewöhnlichen Angebot für Schlagzeilen: Das Unternehmen bot Aktien seiner Büroimmobilientochter Preos mit Rabatt Privat- anlegern an – und schaltete dafür Vermittler und Tippgeber ein, die üppige Provisionen erhielten. Mittlerweile wurde das Angebot beendet. FONDS professionell erläutert die Details: Ziel: Thomas Olek, Großaktionär und bis Ende 2020 Vorstandschef von Publity, hat große Pläne mit Preos. „Wir wollen in den nächsten vier Jah- ren der größte Immobilienbestandshalter der Welt werden“, sagte er Ende August 2020 in einem Investoren-Call. Um trotz Coronakrise Kapital einzuwerben, ersannen Olek und seine Kollegen ein ungewöhnliches Konzept: Sie verkauften Preos-Aktien aus dem Bestand von Publity an Großinvestoren und Privatanleger. Das so einge- worbene Geld, so der nach außen kommunizierte Plan, wollte Publity wiederum in Preos stecken. Die Anleger erhielten 15 Prozent Rabatt auf den Xetra-Schlusskurs des vorangegangenen Freitags, mussten sich im Gegenzug aber verpflichten, die Aktien ein Jahr zu halten. Vertriebsmodell I: Um Anleger zu werben, bediente sich Publity unter anderem Tippgebern. Sie erhielten Olek zufolge sieben Prozent des Verkaufspreises als Provision. Weitere 2,5 Prozent verblieben bei den Unternehmen, die den Vertrieb organisierten. Wertpapierprospekt: Ende November legte Publity einen 479 Seiten dicken Wertpapier- prospekt für das Umplatzierungsangebot vor. Zoom-Meetings mit Tippgebern und Interessenten gab es allerdings schon spätestens seit Mai 2020, und in einem dieser Calls Mitte November sagte Olek: „Über die Vertriebe haben wir jetzt für rund 25, 30 Millionen Euro Aktien verkauft.“ Hätte es also nicht viel früher schon einen Prospekt ge- braucht? Auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE meinte Olek Anfang Dezember, die meis- ten Aktien seien an Großinvestoren veräußert worden, für die ein solches Dokument nicht nötig sei. Die Verkäufe an Privatanleger hätten in einem Rahmen stattgefunden, „in dem kein Wertpapier- prospekt nötig war“. Nun wolle man aber breitere Anlegerschichten ansprechen und habe sich ent- schieden, „den Vertrieb in professionellere Hände zu geben“. Vertriebsmodell II: ImWertpapierprospekt wird das Hamburger Finanzdienstleistungsinstitut Anton v. Below als Vertriebspartner genannt. Es sollte als Haftungsdach für vertraglich gebundene Vermittler dienen, die die Preos-Aktien „im Rah- men des öffentlichen Angebots vertreiben sollen“, wie es im Prospekt heißt. „Dort können sich Interessenten aus der Vertriebswelt registrieren lassen, die das Geschäft nach Maßgabe des Wert- papierprospekts abwickeln möchten“, so Olek im Dezember. „Diese Tied Agents beziehungsweise das Haftungsdach können wiederum mit Tipp- gebern zusammenarbeiten.“ Beim Vertrieb über Anton v. Below sollte die Platzierungsprovision ebenfalls bei 9,5 Prozent liegen. 2,5 Prozent waren für das Haftungsdach vorgesehen, sieben Prozent für die Vermittler. Angebot beendet: Ende Februar 2021 stoppte Publity den Vertrieb der Preos-Aktien. Als Grund nannte das Unternehmen die laufenden Verhand- lungen „über eine mögliche Veräußerung einer Mehrheitsbeteiligung an der Preos (…) an einen strategischen Investor“. Publity hatte ihre Aktio- näre Ende Januar darüber informiert, sich von der Mehrheit ihrer Tochtergesellschaft trennen zu wollen. Die Transaktion bringe potenziell Ver- änderungen in der Konzernstruktur mit sich. Deshalb habe der Publity-Vorstand nun entschie- den, das laufende öffentliche Angebot von Preos- Aktien „vorerst zu beenden“. Eine spätere Wieder- aufnahme sei aber möglich. Thomas Olek möchte aus der Preos auf Sicht von vier Jahren „den größten Immobilienbestands- halter der Welt“ formen. SACHWERTE Publity 240 fondsprofessionell.de 1/2021 FOTO: © PUBLITY

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