FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

Wer das für die eigenen Zwecke attraktivste Girokonto finden möchte, muss seitenweise Kleingedrucktes studieren. Eine unabhängige Ver- gleichsplattform gibt es aktuell in Deutschland nicht. Vergleich sweise schwierig Eigentlich muss es in jedem EU-Staat eine unabhängige Trans- parenzseite für Girokonten geben. Dennoch steht Deutschland aktuell ohne ein solches Portal da. Schuld ist ein erbitterter Streit. F rüher war alles einfacher.Um ein Giro- konto zu eröffnen, ging der Durch- schnittsbürger zur örtlichen Sparkasse oder Volksbank. Heute ist das Angebot nahezu unüberschaubar geworden.Neben den tra- ditionellen Geschäftsbanken tummeln sich mittlerweile auch viele Smartphone- oder Neobanken amMarkt, von den Direktban- ken und den ausländischen Instituten ganz zu schweigen. Zudem bieten die Geldhäu- ser mittlerweile nicht mehr nur ein Konto- modell, sondern mindestens zwei oder drei Varianten an. Damit der Verbraucher nicht die Übersicht verliert, beschloss die EU vor rund sieben Jahren, dass jeder Mitglieds- staat eine unabhängige Vergleichsseite für Girokonten errichten muss. Diese soll einen schnellen und umfassenden Markt- überblick ermöglichen. Viel Aufwand Wer genau die geforderte Seite schließ- lich betreibt, bleibt jedem Staat selbst über- lassen. In Österreich wird der Kontenver- gleich beispielsweise von der Arbeiterkam- mer angeboten, der gesetzlichen Interessen- vertretung der Arbeitnehmer. Deutschland entschied sich, den Auftrag an die private Wirtschaft zu vergeben.Mit Check24 fand sich nach langemHin- und Her ein Unter- nehmen, das bereits seit 2006 Preisverglei- che in den Bereichen Finanzen, Telekom- munikation oder Reisen im Internet anbie- tet.Nach einer aufwendigen Zertifizierung durch den TÜV Saarland schaltete der Vergleichsanbieter die Seite schließlich im August 2020 frei – und nach nur gut fünf Monaten auch schon wieder ab. Was war geschehen? Schon kurz nach dem Start hagelte es erste Proteste. Vor allem die Verbraucher- zentralen bemängelten eine unzureichende Marktabdeckung und kritisierten, dass nicht immer alle Daten aktuell waren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) reichte sogar eine Unterlassungsklage ein. Dies stieß bei Check24 auf Befremden. „Wir sind in höchstemMaße über die Kla- ge irritiert“, sagt Geschäftsführer Christoph Röttele, der sich keiner Schuld bewusst ist. „Check24 hat bei dem zertifizierten Giro- kontenvergleich exakt die Kriterien um- gesetzt, die vom deutschen Gesetzgeber definiert und vom TÜV zertifiziert worden sind“, betont er. „Wir stellen uns sogar die Frage, ob wir überhaupt der Beklagte sein können.“ Die Verbraucherzentralen sollten sich besser an Finanzstaatssekretär Jörg Kukies wenden, meint Röttele. Der Preisvergleichsanbieter spricht von einer siebenstelligen Summe, die er für die Webseite in die Hand nehmen musste. Es fielen nicht nur Kosten für die Zertifizie- rung und die Errichtung an, auch der lau- fende Betrieb sei sehr aufwendig, so das Unternehmen. Da die einzelnen Kredit- » Es liegt an der Gesetz- gebung, dass dies ein absurdes Unterfangen ist. So kann man keine Markttransparenz erzielen! « Max Herbst, FMH-Finanzberatung BANK & FONDS Girokontenvergleich FOTO: © GPOINTSTUDIO | STOCK.ADOBE.COM, CHECK24, FMH-FINANZBERATUNG | JONAS RATERMANN 388 fondsprofessionell.de 1/2021

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