FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

eines Anlegers herstellen. Obwohl in der Sache unterlegen, äußerte sich die Com- merz Real zufrieden mit dem Urteil. „Da- mit haben wir die von uns angestrebte Rechtssicherheit erreicht“, sagt Vorstands- chef Henning Koch. Für Nauhauser besteht der Vorteil des Urteils in seiner Signalwirkung für die ge- samte Branche und den Gesetzgeber, denn „es zeigt deutlich, dass Nachhaltigkeit eine reine Marketingstrategie ist, so- lange weder belastbare Metho- den zur Wirkungsmessung be- stehen noch gesetzliche Defini- tionen und Kennzeichnungen“. Durch das Urteil würde den Anbietern verdeutlicht, dass es mit „flotten Werbesprüchen“ und „unscharfen Interpretatio- nen“ nicht getan sei, pflichtet Stefan Maiss bei. „Ziel muss es sein, umfassende Standards – gerade was den CO 2 -Fußab- druck angeht – festzulegen, um Greenwashing vorzubeugen“, sagt der Geschäftsführer der auf ökologische Kapitalanlagen spezialisierten Provita. Unab- hängigen Ratingagenturen und der Wis- senschaft misst er dabei wachsende Bedeu- tung bei. Wissenschaft gefordert Unter Wissenschaftlern gibt es eine leb- hafte Diskussion, ob der alleinige Fokus auf die Reduktion von CO 2 -Emissionen tat- sächlich dienlich ist, die Klimawirkung von Investitionen oder geschäftlichen Aktivitä- ten nachvollziehbar zu machen. Sebastian Müller ist Mitgründer des Cli- mate-Tech-Unternehmens Right Based on Science, das ein Modell entwickelt hat, um die Klimawirkungen wirtschaftlicher Akti- vitäten transparent zu machen. Zur Veran- schaulichung des Impacts eines Unterneh- mens arbeitet es weniger mit demGewicht von CO 2 – ausgedrückt in Tonnen von CO 2 -Äquivalenten – sondern vor allemmit der Temperaturdifferenz – ausgedrückt in Grad Celsius –, die unterschiedliche Men- gen von CO 2 -Emissionen bewirken. „Ein ‚Carbon Footprint‘ ist immer nur eine Mo- mentaufnahme“, erklärt Müller.Man müsse aber die Zukunft und insbesondere das Pa- riser Klimaziel vor Augen haben. „Es geht also um die Menge an Emissionen, die künftig noch in die Atmosphäre gelangen dürfen, damit sie sich nicht um mehr als zwei Grad erwärmt.“ Eine der Pointen des Mo- dells ist, dass es dabei nicht um die Reduktion von CO 2 -Äqui- valenten im Allgemeinen geht. Vielmehr wird bestimmt, wel- chen konkreten Reduktions- beitrag jedes Unternehmen in jedem bis 2050 verbleibenden Jahr leisten muss. „Mit unserer Software“, beschreibt Müller, „können Unternehmen der Realwirtschaft, der Finanz- und der Immobilienwirtschaft ih- ren Weg zur 1,5-Grad-Kon- formität ebnen.“ TILMAN WELTHER FP Stefan Maiss, Provita: „Das Urteil macht deutlich, dass es mit flotten Werbesprüchen und unscharfen Interpretationen nicht getan ist.“ Sebastian Müller, Right Based on Science: „Es geht um die Menge an Emissionen, die künftig noch in die Atmosphäre gelangen dürfen.” Angst vor Grünwäscherei Umfrage zu den Hürden nachhaltiger Anlagen* Der Vorbehalt, dass sich nachhaltige Investments nicht rechnen würden, erklärt die mangelnde Nachfrage nur noch zu einem kleinen Teil. *Umfrageunterweltweit750Finanzmarktteilnehmern;Mehrfachnennungenmöglich |Quelle:SchrodersSustainabilityReport2021 Kosten Performance Mess- undManagement- probleme Unzureichende Datenlage und Transparenz Greenwashing Was Investoren von ESG-Investments abhält* 59 % 53 % 46 % 38 % 34 % » Deckt ein Windrad einen Mehrbedarf an Strom, ändert sich doch der CO 2 -Ausstoß nicht. « Niels Nauhauser, Verbraucherzentrale SACHWERTE Greenwashing 246 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © PROVITA, FARIDEH DIEHL

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