FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Mehr Durchblick nötig Rückvergütungen, die Investmenthäuser an Fondspolicenanbieter zahlen, können Kunden und Vermittler oft nicht erkennen. Denn für einen transparenten Ausweis besteht nach wie vor keine Pflicht. E in heftiger Regenguss verstellt die Sicht auf die Autobahn? Scheiben- wischer eingeschaltet, und schon ist der Blick wieder frei. Die Fenster im Wohn- zimmer lassen nur noch eine verschleierte Aussicht in den Garten zu? Ein kurzer Frühjahrsputz – und alles ist wieder klar. Im Auto und im Haushalt sorgen einfa- che Mittel für den nötigen Durchblick. Was die Kosten von Fondspolicen angeht, ist es für Versicherungsmakler und ihre Kunden hingegen schwierig, sich eine klare Übersicht zu verschaffen. Das liegt auch an den Rückvergütungen, die Kapitalverwal- tungsgesellschaften (KVGen) Versicherern zukommen lassen. Anders als Banken, die von Fondsgesellschaften Kickbacks erhal- ten, ist die Assekuranz nicht dazu verpflich- tet, Rückvergütungen dem Kunden gegen- über offenzulegen. Und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern. „Wenn Banken im Auftrag ihrer Kunden Fonds bei Investmenthäusern beziehen, so handelt es sich dabei um ein Vermittlungs- geschäft“, erklärt Thomas Leithoff, Leiter Recht beim Versicherungsmakler Impuls Finanzmanagement in Gersthofen bei Augsburg. Im Fall einer solchen Vermitt- lung sind die Institute dazu verpflichtet, alle Provisionen auszuweisen, die sie von Dritten beziehen. Und das gilt keineswegs erst seit dem Inkrafttreten der ersten EU- Finanzmarktrichtlinie Mifid. Wichtiger Paragraf „Für Vermittlungsgeschäfte aller Art greift der Paragraf 667 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der die sogenannte Heraus- gabepflicht regelt“, sagt Leithoff. Dieser besagt, dass ein Geschäftspartner, der für einen Auftraggeber tätig wird, alles heraus- zugeben hat, „was er für die Ausführung des Auftrags erhält“.Doch weil sich Banken lange Zeit kaum um die Einhaltung dieser Vorschrift gekümmert haben, war im Jahr 2006 der Bundesgerichtshof (BGH) gefragt. Das oberste deutsche Gericht entschied eindeutig, dass Geldinstitute Kickbacks, die sie aus Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren erhalten, zwar nicht an den Kunden auskehren müssen, sie ha- ben sie aber offenzulegen. Immerhin kön- nen die in Aussicht gestellten Zahlungen den Interessen der Klientel zuwiderlaufen. Das Urteil wurde durch weitere BGH-Ent- scheidungen verfestigt, zuletzt am 1. August 2014. Hier wurden zum ersten Mal auch Fondsanteile explizit genannt (siehe Kasten zur Rechtslage auf Seite 270). Nun treten mit schöner Regelmäßigkeit Juristen auf den Plan, die von der „Aus- strahlkraft“ der beiden BGH-Urteile spre- chen. In einem Prozess um Rückvergütun- gen aus Fondspolicen könnten die Entschei- dungen Einfluss auf den Ausgang haben, so das Argument. Dann träfe in Zukunft eventuell auch Versicherer die Pflicht, sol- che Zahlungen transparent darzulegen. Thomas Leithoff glaubt nicht, dass es dazu kommen wird. Dafür sprechen auch mehrere Gerichtsurteile, die damit begrün- det wurden, dass Versicherungsprodukte mit Kapitalanlagecharakter wie Fondspoli- cen letztendlich eben doch Versicherungs- produkte sind. Und da bei solchen Pro- dukten keine Provisionen von der KVG an den Policenanbieter fließen, seien Interes- senkonflikte nicht gegeben. Schnell wieder Durchblick gewinnen: Im Auto sorgen dafür die Scheiben- wischer. Für Vermittler fondsgebun- dener Policen und ihre Kunden ist es nicht so leicht, sich einen klaren Blick auf die Kosten zu verschaffen. FONDS & VERSICHERUNG Fondspolicen 268 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © SASHKIN | STOCK.ADOBE.COM, GUIDO SCHIEFER

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