FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

Das ist genau das Gegenteil der landläufi- gen Einschätzung. Ja, speziell in Hamburg hat das mit einer sehr regen Wohnbautätigkeit zu tun, die dazu geführt hat, dass jedem Zuzügler eine neue Wohnung zugeordnet werden kann. In Stuttgart und Köln ist es relativ ausgegli- chen, da sind die Löhne geringfügig stärker gestiegen als die Mieten. Komplett anders das Bild in Berlin und München: In Mün- chen wurde viel zu wenig gebaut, in der Stadt selbst ist kein Platz mehr, und das Umland hat sich ziemlich gegen Neubau- ten gewehrt. In Berlin ist es ein hausge- machtes Problem. Hier versagt die poli- tische Klasse grundsätzlich. Was meinen Sie damit? In meiner Funktion als Leiter Einkauf und zuständig für die Projektentwicklung bei ZBI, wo ich 2009 eingestiegen bin, habe ich zum Beispiel in Berlin-Spandau ein Grundstück mit 100.000 Quadratmeter ge- kauft, groß genug, dort 10.000 Wohnungen zu bauen. Eine Abstimmung zwischen der Bezirksverwaltung, die das Projekt befür- wortet hatte, und dem Senat war aber wegen unklarer Zuständigkeiten, Personal- mangel und dergleichen viele Jahre nicht möglich, sodass es trotz guten Willens jahrelang keinen Bebauungsplan gab. Wir haben es speziell in Berlin mit der Situa- tion zu tun, dass alle mehr Wohnraum haben wollen, aber kaum einer bereit ist, es auch umzusetzen. Bei anderen Projekten, die wir gern realisiert hätten, fehlte aber letztlich auch der Wille. In diesemKlima gediehen politische Instru- mente wie der Mietendeckel und allge- meine Enteignungsfantasien. Sehen Sie dadurch Ihr Geschäftsmodell bedroht? Sie können an meiner Vita ablesen, dass ich mich der ökomischen und der juristi- schen Vernunft verschrieben habe.Deshalb glaube ich erstens daran, dass es genügend Leute gibt, die willens sind, das Beste für Berlin zu erreichen. Zweitens leben wir in einem Rechtsstaat und profitieren von seinen klaren Vorteilen. Gerichte haben Bestrebungen wie dem Mietendeckel zu Recht einen Riegel vorgeschoben. Wie wirken sich die gestiegenen Energie- kosten auf denWohninvestmentmarkt aus? Sie werden mittelbar über eine anziehende Inflation und höhere Nebenkosten wirken, die die Mietpreisentwicklung dämpfen werden. Wenn sich die Nebenkosten ver- doppeln, können Sie als Vermieter die Net- tokaltmieten nicht so anheben, wie es die örtliche Marktmiete oder ein Mietspiegel theoretisch ermöglichen würden. Auch bei der Höhe von Neuvertragsmieten wird es Auswirkungen geben, denn auch hier wer- den Sie sich als Vermieter zurückhalten, weil Sie vernünftigerweise die Nebenkos- tenvorauszahlung höher ansetzen werden müssen. Entscheidungsgrundlage für den Mieter ist die Frage, womit er insgesamt belastet wird. Können da die immer wichtiger werdenden ESG-Kriterien Abhilfe schaffen? Die bisherigen ESG-Kriterien sind noch zu unbestimmt, als dass sie unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden könnten. Aber Maßnahmen zur Energieeinsparung sind unmittelbar relevant. Das Kabinett hat » Wir machen Verträge, bei denen wir auch auf der anderen Seite sitzen wür- den, also faire Verträge. « Mark Münzing, DFI Deutsche Fondsimmobilien FOTO: © TIM FLAVOR fondsprofessionell.de 2/2022 217

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