FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

Isabelle Knoché, Rechtsanwältin bei KPMG Law in Frankfurt, über die Frage, weshalb der Finanzbranche ein „Green-Bond-Gate“ droht – und warum sich Anlageberater vor allzu vollmundigen Öko-Versprechen besser hüten sollten. D er Trend zur nachhaltigen Geldanlage ist ungebrochen. Kein Wunder, dass davon sowohl Produktanbieter als auch Finanzvertriebe profitieren möchten. Allzu plump darf die Branche dabei allerdings nicht vorgehen, die Fondsanbieter Com- merz Real und Deka haben sich schon Ärger wegen irreführender Werbung einge- handelt – geklagt hatte die Verbraucherzen- trale Baden-Württemberg. Isabelle Knoché, Rechtsanwältin bei KPMG Law in Frank- furt, sieht ein weiteres Risiko auf die Bran- che zukommen: Klagen auf Schadenersatz wegen Greenwashing. Im Gespräch mit FONDS professionell legt sie ihre Argu- mente dar. Frau Knoché, Sie warnen davor, dass der Finanzbranche womöglich ein „Green- Bond-Gate“ drohe – vergleichbar mit dem „Dieselgate“-Skandal, der die Automobil- industrie erschüttert hat. Wie kommen Sie darauf? Isabelle Knoché: Im Kern ist die Gefahr, dass Anleger sich getäuscht sehen, was die posi- tiven Wirkungen ihres Investments angeht. Gelingt es ihnen, mit ihren Argumenten vor Gericht zu punkten, können sie zivil- rechtlich einen Anspruch auf Schaden- ersatz geltend machen. Ist das bereits einem Anleger geglückt? Mir ist heute kein konkreter Fall bekannt, in dem das gelungen ist. Aber es gab in jüngster Vergangenheit einige interessante Entwicklungen in der Rechtsprechung.Da- zu gehören auf der einen Seite die erfolg- reichen Klimaklagen. Das Bundesverfas- sungsgericht hat die Bundesregierung im März 2021 dazu verpflichtet, beim Klima- schutz nachzubessern. ImMai 2021 wurde dann der Ölkonzern Shell auf Betreiben von Umweltschützern dazu verurteilt, sei- nen Kohlendioxidausstoß bis 2030 deutlich zu verringern. Und das Oberlandesgericht Hamm hält die Klage eines peruanischen Bauern gegen den Energiekonzern RWE für schlüssig.Wie dieses Verfahren ausgeht, ist offen. Klar ist aber, dass in diesem Bereich für Unternehmen Risiken lauern, die man früher ausgeblendet hat. Dass sol- che Verfahren nicht nur Industriekonzerne treffen, sondern auch Finanzunternehmen, dürfte eine Frage der Zeit sein.Hinzu kom- men auf der anderen Seite neue Klagemög- lichkeiten, etwa die EU-Verbandsklage. Was steckt dahinter? Die entsprechende EU-Richtlinie muss bis Ende dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt werden. Sie erlaubt es „qualifi- zierten Einrichtungen“ wie Verbraucher- schutzorganisationen, Verbandsklage zu erheben.Das erweitert den Baukasten mög- licher Massenklagen, wie es sie in Deutsch- land bislang mit dem Kapitalanleger- Musterverfahrensgesetz und der Musterfest- stellungsklage gibt. An welchemPunkt wären die Banken denn angreifbar? Ein Beispiel: Banken vergeben Kredite an Unternehmen, die dem Klima schaden, und emittieren auf der anderen Seite „ Greenwashing wird zum Haftungsrisiko“ » Aktuell kocht jeder sein eigenes Süppchen. Das ist gefährlich, weil verbindliche Regeln fehlen. « Isabelle Knoché, KPMG Law 434 fondsprofessionell.de 2/2022 STEUER & RECHT Isabelle Knoché | KPMG Law

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