SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2022

tion Investment Management im ersten Halbjahr ihre beiden Impact-Fonds mit fast vier Milliarden Euro Volumen schließen. Nachhaltig orientierte Infrastrukturfonds der Gesellschaften ISQ und Brookfield mit je 15 Milliarden Dollar sind „closed“. „Bei Fondsmanagern findet seit einiger Zeit ein Umdenken statt“, sagt Lemke, „die Berück- sichtigung von ESG-Kriterien wird zuneh- mend als Werttreiber in der Unterneh- mensentwicklung wahrgenommen, weil Konsumenten, Lieferanten und weitere Interessengruppen nachhaltige Prozesse und deren Monitoring einfordern.“ Kaum dezidierte ESG-Fonds Obwohl sich die Experten einig über das hohe Anlegerinteresse sind, gibt es nur re- lativ wenige Fonds, die dezidiert nachhaltig operieren. Das liegt mitunter an der Kom- plexität der Umsetzung einer ESG-Strate- gie. Einerseits müssen die Fondsgesellschaf- ten die Regulierung beachten, die an vielen Stellen unausgegoren und mit Haftungsri- siken verbunden ist (siehe auch den Beitrag auf Seite 62). „Deshalb konzentrieren sich die aufgelegten Fonds bislang auf Ziel- märkte, die sich eindeutig und rechtssicher etwa gemäß der EU-Taxonomie qualifizie- ren lassen“, so Lemke. Andererseits müssen die Investment Manager in ihrer Due Dili- gence herausarbeiten, ob die potenziellen Zielunternehmen die ESG-Faktoren erfül- len oder zumindest gesteckte Nachhaltig- keitsziele künftig auch tatsächlich erfüllen können. „Die Private-Equity-Manager sind üblicherweise in der Lage, gründliche und aussagekräftige Due-Diligence-Prüfungen der spezifischen ESG-Faktoren eines Unter- nehmens durchzuführen, die in finanzieller Hinsicht ausschlaggebend sind“, sagt Neu- berger-Berman-Experte González. Je größer und älter ein Unternehmen ist, um so aufwendiger sind die anfängliche Prüfung und Bewertung und später das laufende Monitoring. Das ist auf Venture- Capital-Ebene bei kleineren beziehungs- weise jüngeren Unternehmen etwas ein- facher. Sie haben den Vorteil, dass ESG- Vorschriften oder Richtlinien, so sie nicht ohnehin Teil der DNA des Unternehmens sind, aufgrund einfacherer Strukturen schneller umgesetzt werden können. Nachlässigkeit kann fatale Folgen haben. Nach dem Einstieg bleiben nämlich län- gerfristige Risiken hinsichtlich der Nichter- füllung der ESG-Anforderungen. Das kann letztlich die Businesspläne, Performance und Reputation der Fondsgesellschaft be- einträchtigen. Deshalb sind Fondsmanager gut beraten, die ESG-Kriterien nicht nur zu Beginn zu prüfen, sondern nach erfolgter Investition auch regelmäßig Berichte mit den ESG-Kennzahlen abzufragen. Geeignete Investments Es bleibt die Frage, ob es Wirtschafts- zweige gibt, die eindeutig einen Mehrwert im sozialen, ökologischen und staatlichen Sinne schaffen. Chattopadhyay von Moon- fare wird konkret: „Zu den Branchen, die sich gut eignen, gehören Klima, Bildung, Gesundheitstechnologie, Finanzdienstleis- tungen, erneuerbare Energien, Energie- speicherung und Dekarbonisierung.“Nach Expertenansicht sind das Sektoren, die von langfristigen Trends profitieren. Demzufolge stützen sich die Anlagestra- tegien nachhaltiger Fonds häufig auf ver- meintlich klar zuordenbare Themen wie erneuerbare Energien oder Infrastruktur. Das bedeutet aber nicht, dass das produzie- rende Gewerbe oder die Schwerindustrie automatisch ausgeschlossen sind.Hier wer- den bloß andere Maßgaben etwa in Bezug auf Umweltaspekte angesetzt. Generell gilt Europa derzeit als Vorreiter. „Die ESG-The- matiken sind hier noch bedeutender als in den USA, insbesondere die Umweltaspekte werden stärker betont“, so Schmitz. Im Vergleich dazu hätten in den USA die Bau- steine S und G eine höhere Bedeutung. In einen Interessen- und Zielkonflikt geraten Fonds, wenn der Renditedruck hoch ist. „Schmutzige Geschäfte“ können rentabler sein als ESG-konforme. Nach- haltigkeit ist mit hohen Auflagen belastet. „Es gibt in Europa über 1.100 Fondsmana- ger, da finden Sie immer jemanden, der auch ‚schmutziges Geschäft‘macht“, erklärt Weinmann. Aber die Masse des Marktes, gemessen sowohl am Volumen der inves- tierten Mittel als auch an der Zahl der Transaktionen, agiere innerhalb der „saube- ren Branchen“. ALEXANDER ENDLWEBER FP » Im Verborgenen ist das ESG- Thema lange auf der Agenda. « Thomas Weinmann Astorius » In volatilen Märkten ist Erfahrung noch wichtiger. « José Luis González Neuberger Berman SACHWERTE Private Equity 60 fondsprofessionell.de 3/2022 SPEZIAL FOTOS: © DOMENIC DRIESSEN, CHARLES STURGE

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