SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2022

Alle anderen Fonds fallen unter Artikel 6. Ihre Anbieter sind damit verpflichtet, offenzulegen, ob und wie sie Nachhaltig- keitsrisiken bei den Investitionsentschei- dungen berücksichtigen werden und wie sich diese Risiken auf die erwartete Rendite auswirken können. Finanzberater müssen diese Risikoaufklärung gegenüber den Anlegern ebenfalls vornehmen. Artikel-8-Plus-Produkte Eine Einstufung nach Artikel 8 der Of- fenlegungsverordnung reicht nicht aus, um einen Fonds einem Anleger mit ESG-Prä- ferenzen zu empfehlen. „Für Kunden, de- nen nachhaltige Aspekte bei ihrer Geldan- lage wichtig sind, sind nicht alle Produkte geeignet“, sagt Aschenbeck. „Ein Artikel-8- Fonds ist zum Beispiel nur dann geeignet, wenn bei diesem ein Mindestanteil nach- haltiger Investitionen Bestandteil der Anla- gestrategie ist. Solche Artikel-8-Fonds wer- den dann als Artikel-8-Plus-Fonds bezeich- net.“ Um zum Artikel-8-Plus-Produkt zu werden, ist es auch möglich, die wichtigs- ten nachteiligen Auswirkungen auf Nach- haltigkeitsfaktoren zu berücksichtigen. Für deutsche Fonds, die als nachhaltig beworben werden, kommt die Regulie- rungspraxis der Bafin hinzu. Die Aufsicht habe so eine „Light-Version“eines Artikel-9- Produkts eingeführt, heißt es mitunter in der Branche. „Das kann man so sehen“, bestätigt Rechtsanwalt Jan Herrmann von der Kanzlei Osborne Clarke. „Das liegt daran, dass Artikel-8-Fonds, die nur nach- haltige Merkmale fördern, im Sinne der Bafin-Richtlinie nicht nachhaltig sind.“ Positionierung der Branche Kritische Stimmen im Markt monieren fehlende beziehungsweise unpräzise Vorga- ben, das Anwachsen der Bürokratie und den hohen Aufwand der Dokumentation. „Ich halte die Regelung für zu ausufernd und damit für nicht marktgerecht“, sagt Rechtsanwalt HG Pinkernell, Partner in der Kanzlei LPA-GGV. » Es sind nicht alle Produkte gleichermaßen geeignet. « Tanja Aschenbeck Osborne Clarke » Die Regelung ist ausufernd und nicht marktgerecht. « HG Pinkernell LPA-GGV ESG: Der regulatorische Rahmen Artikel 8 Artikel 8 Plus Artikel 9 Transparenz bei der Werbung mit ökologischen (und/oder sozialen Merkmalen) in vorvertraglichen Informationen Seit dem 2.8.2022Voraussetzung für eine Produktempfehlung unter Mifid II: „Qualifikation“ gem. Artikel 8 plus zusätzlicheVoraussetzungen Transparenz in vorvertraglichen Informationen bei nachhaltigen Investitionen und den damit verfolgten nachhaltigen Zielen Einstufung Finanzprodukt besitzt ökologische und/oder soziale Merkmale: • Merkmale nicht in Offenlegungs-VO definiert • Produkt verfolgt kein konkretes Nachhaltigkeitsziel •Wesentlich geringere Anforderungen als Artikel 9 Im Rahmen der Zielmarktbestimmung klassifizie- ren Anbieter die Fonds als Artikel-8-Plus-Produkt. Kunde nennt eine von vier Präferenzkategorien: • Keine Rücksichtnahme auf ESG-Aspekte • Berücksichtigung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, PAIs • Mindestanteil nachhaltiger Investitionen gemäß Artikel 8 Offenlegungs-VO • Mindestanteil nachhaltiger Investitionen gemäß Taxonomie-VO Finanzprodukte mit einer ausdrücklich verfolgten Nachhaltigkeitswirkung: Es sind nicht nur bestimmte Nachhaltigkeitskriterien vorhanden, sondern der Fonds strebt ein konkretes Nachhaltigkeitsziel an (z.B. Reduktion von Treibhausgasen) Merkmale Finanzprodukt besitzt ökologische und/oder soziale Merkmale: • Angaben, wie Merkmale erfüllt werden • Ggf. Beschreibung der beworbenen ökologischen/sozialen Merkmale • Umsetzung nach Artikel 8 • Prüfung, ob die Nachhaltigkeitsziele des Kunden und die Nachhaltigkeitsparameter des Fonds zusammenpassen • Beschreibung des nachhaltigen Anlageziels • Angaben, wie das Ziel erreicht werden kann • Gesamtnachhaltigkeitswirkung belegt durch relevante Nachhaltigkeitsindikatoren Quelle:KanzleiLPA-GGV,Bearbeitung:FONDSprofessionell Umsetzung fondsprofessionell.de 3/2022 63 FOTOS: © QUICKSHOOTING | STOCK.ADOBE.COM, DIRK HANSEN | OBSORNECLARK, CHRISTOPH HEMMERICH

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=