Umsatzeinbußen wegen ausbleibender Geschäftskontakte, vorübergebende Schließungen und Liquiditätsengpässe: Die aktuelle Corona-Krise wird viele Betriebe treffen. Die Unternehmen werden sich an staatliche Institutionen wenden und um finanzielle Unterstützung bitten. Das gilt umso mehr, als Versicherungsschutz gegen solche Krisen so eigentlich nicht besteht, und sie kaum mit Kostenerstattungen durch die Assekuranz rechnen können.

Für Versicherungsmakler könnte das zum Problem werden. Sie müssen damit rechnen, dass Unternehmer versuchen, per Klage Geld zurückzufordern. "Regressansprüche wegen mangelhafter Risikoanalyse von Individual- und Gewerbekunden zum Coronavirus werden sie aber nicht erfüllen müssen", erklären Bernd Müller und Dieter Olejar von der Kanzlei für Versicherungs- und Sozialversicherungsrecht DVR in einem Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. Der Grund: Die Versicherungsindustrie hat entsprechende Produkte zu Pandemien bisher nicht angeboten.

Haftungsansprüche sind zu prüfen
"Es gibt so gut wie keinen Schutz vor Pandemien", sagen Müller und Olejar. Damit bestätigen die Experten ein Statement des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zu den Angeboten ihrer Mitglieder. "Eventuelle Haftungsansprüche wegen fehlender Risikoabsicherung anderer Konstellationen sind aber zu prüfen", gibt Rechtsanwalt Müller zu bedenken.

Zum besseren Verständnis dieser Einschätzung muss man etwas ausholen: "Normale Betriebsunterbrechungsversicherungen versichern in aller Regel Gefahren, die etwa aus Sturm-, Wasser- Umwelt- oder Feuerschäden entstehen, nicht aus Seuchen oder Infektionen wie Covid 19", erklärt Olejar. Für Unternehmen der Lebensmittelindustrie, für Gaststätten, Hotels oder Kantinen gibt es zwar sogenannte Betriebsschließungsversicherungen, die tatsächlich dann einspringen, wenn Behörden beispielsweise im Falle einer ausgebrochenen Infektion den vorübergehenden Geschäftsschluss erzwingen. Aber: "Dies hier ist eine andere Fallkonstellation und es nicht anzunehmen, dass die Versicherungswirtschaft freiwillig diesen Schutz auf den Virus Covid 19 ausdehnt", so Olejar.

Bekanntes Risiko
"Der Versicherungswirtschaft ist dieses Risiko seit Sars durchaus bekannt, es wurde aber nicht ins Produktportfolio aufgenommen", ergänzt Müller. Recherchen von Olejar haben ergeben, dass es in der Assekuranz bereits Bestrebungen gibt, sich hierzu eindeutig zu positionieren – entschieden ist jedoch noch nichts.

"Im aktuellen Ausnahmezustand sind Versicherungsvertragsunterlagen dahingehend zu prüfen, ob bei Betriebsschließungspolicen 'unbenannte Gefahren' mitversichert und in diesem Fall auch einschlägig sind", so Müller. Sind sie mitversichert, könnte der Inhaber einer Betriebsschließungsversicherung vor Gericht unter Umständen Erfolg gegenüber dem Versicherer haben.
 
"Auch ist nicht ausgeschlossen, dass sich in den Versicherungsbedingungen eine Formulierung findet, die durchaus so ausgelegt werden kann, dass eine Betriebsschließung aufgrund des meldepflichtigen Covid-Virus versichert ist", so der Anwalt weiter. Dies sei aber in jedem Einzelfall zu prüfen.

Tipps für Anträge auf Finanzhilfe
Die beiden Experten haben auch die Anträge unter die Lupe genommen, mit denen kleine Unternehmen und damit auch Vermittler Ausgleichsansprüche an staatliche Stellen richten können. Um Erfolg zu haben, muss selbstverständlich immer der Nachweis erbracht werden, dass der Anspruch berechtigt ist. "Die Behörden behalten sich ausdrücklich vor zu prüfen", sagt Olejar. Daher müssen Unternehmer und Gewerbetreibende die Differenz zwischen dem unter normalen Umständen zu erwartenden Betriebsergebnis und dem durch das Conrona-Virus gestörten Ergebnis rechnerisch ermitteln und nachvollziehbar begründeen.

Für die Beantragung von Fördermitteln sei es außerdem wichtig festzustellen, wie hoch die nicht "erwirtschaftbaren" monatlichen Kosten und die ausgefallenen Umsätze sind. "Mit diesen Informationen können Betriebe die richtige Entscheidung bezüglich der Höhe der zu beantragenden Fördermittel treffen", erläutert Müller.

Vorsicht geboten
Wer Fördermittel beantragen möchte, muss aber höchste Vorsicht walten lassen. Das Antragsformular des Bayrischen Wirtschaftsministeriums enthalte beispielsweise in der Ziffer 8 bestimmte Punkte, die der Antragsteller sorgfältig prüfen sollte. "Insbesondere sind auf die Sanktionsandrohungen und Unterwerfungsklauseln zu achten", erklärt Müller. Damit drohen bei falschen Angaben hohe Geldbußen oder im schlimmsten Fall auch eine Gefängnisstrafe. Es sei anzunehmen, dass die anderen Bundesländer und der Bund diesem Beispiel folgen werden. "Steuerberater gehen davon aus, dass deshalb die Notfallhilfen ins Leere laufen, weil viele Unternehmen diese Erklärungen nicht abgeben können."

Die beiden Experten kritisieren dieses Vorgehen der Behörden und auch, dass Betriebe nur Kredite erhalten. "Diese werden in der Regel nicht bedient werden können, wenn sich die Störung länger hinzieht", so Olejar. Die Kanzlei für Versicherungs- und Sozialversicherungsrecht DVR möchte zudem beim Bundesfinanzministerium mit einer Analyse vorstellig werden, dass die von der Bundesregierung ausgelobten Mittel in Höhe von 550 Milliarden Euro bei Weitem nicht ausreichen, um die Ausfälle zu kompensieren. Wer die Initiative unterstützen möchte, kann sich über die Internetseite bei der DVR melden. (jb)