FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Gerichte müssen oft in Streitfällen zwischen freien Handelsvertretern und ihren Auftraggebern entscheiden. Der Grund ist, dass der Gesetzgeber nur den Rahmen der Zusammen- arbeit vorgibt, nicht die Details. Das Recht des Vertreters In jeder Branche wird vor Gericht gestritten – meist wegen des lieben Geldes. Handelsvertreter und ihre Auftraggeber sind keine Ausnahme. Die Redaktion stellt die wichtigsten Urteile vor. V iele Versicherungsgesellschaften und Finanzvertriebe setzen bei der Ver- mittlung ihrer Produkte auf freie Handels- vertreter. Die rechtlichen Grundlagen die- ser Berufgruppe, die imNamen eines Un- ternehmens Geschäfte abschließt, definiert das Handelsgesetzbuch (HGB) in den Pa- ragrafen 84 bis 92. Ein wichtiges Kenn- zeichen dieser Vertriebler ist, dass sie ihre Tätigkeit imWesentlichen frei gestalten können. Die Regeln für die Zusammen- arbeit mit den Gesellschaften in der Praxis geben die Gesetze nur in groben Linien vor. Die konkrete Ausgestaltung basiert in vielen Bereichen auf Gerichtsurteilen, die aus Streitigkeiten über strittige Punkte her- vorgingen. FONDS professionell hat sich bei Experten für Handelsvertreterrecht (sie- he Kasten) nach den ihrer Meinung nach wichtigsten Gerichtsentscheidungen erkun- digt.Die Juristen nannten knapp 20 Urteile rund um das Thema Provisionen, aber auch zu anderen Punkten. Die Redaktion hat die Urteile ausgewählt, die von min- destens zwei Juristen genannt wurden, ferner die Entscheide des Bundesgerichts- hofs (BGH) sowie Urteile von Oberlandes- gerichten (OLG). Das Ergebnis, die „Top Ten“, finden Sie hier in chronologischer Reihenfolge. Handelsvertreter steht das Recht auf Buchauszug zu BGH, 21. 3. 2001, Az. VIII 149/99 Ausgangspunkt dieser ersten Ent- scheidung war die Klage eines Han- delsvertreters gegen einen Versiche- rer wegen der Berechnung ausstehender Provisionen nach Ende der Zusammen- arbeit. Der Vermittler verlangte einen um- fassenden sogenannten „Buchauszug“ mit Detailangaben zu den vermittelten Policen, damit er seine restliche Vergütung berech- nen könne. Dies wies Versicherer ab, weil er dem Vertreter im Lauf der Zusammen- arbeit regelmäßig Provisionsabrechnungen geschickt habe. Das oberste Gericht gab dem Vertreter recht. „Nach dem Urteil des BGH braucht sich ein Versicherungsvertre- ter nicht mit der Übersendung regelmäßi- ger Abrechnungen zufriedengeben. Er hat Anspruch auf Vorlage aller Unterlagen über die vermittelten Geschäfte“, erklärt Rechtsanwalt Kai Behrens. Aus diesen Dokumenten müssten sich insbesondere die Jahresprämie als Bemessungsgrundlage für die Abschluss- und Betreuungsprovi- sion, der Versicherungsbeginn, eine eventu- elle Stornierung von Verträgen, Prämiener- höhungen, das Eintrittsalter des Versiche- rungsnehmers und Restlaufzeiten ergeben. Die Anwälte Diese Juristen haben sich zu den im Artikel genannten Urteilen geäußert: Tim Banerjee, Kanzlei Rechtsanwälte Banerjee & Kollegen in Mönchengladbach Tel.: +49/2161/467 09 68 E-Mail: office@banerjee-kollegen.de Kai Behrens, Kanzlei Kai Behrens in Münster Tel.: +49/251/482 81 02 E-Mail: info@kanzlei-kaibehrens.de Jens Reichow, Kanzlei Jöhnke & Reichow in Hamburg Tel.: +49/40/34 80 97 50 E-Mail: info@joehnke-reichow.de STEUER & RECHT Urteile FOTO: © ANDREY POPOV | STOCK.ADOBE.COM, MARKUS BELOW 414 fondsprofessionell.de 4/2020

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